Teslas ehrgeizige Pläne mit dem Model 3 sind realistischer als du denkst
Tesla Motors (NASDAQ:TSLA) (FRA:TL0) (ETR:TL0) CEO Elon Musk glaubt, dass er mithilfe seines erschwinglichen vollelektrischen Model 3 sowie der reihenweisen Produktion von Lithium-Ion Batterien bis zum Jahr 2020 500.000 Fahrzeuge jährlich verkaufen kann. Viele Investoren haben andererseits diese Vision als Wunschtraum abgetan. Immerhin stellen Elektrofahrzeuge lediglich einen winzigen Teil des Markts dar. Damit gibt es also keinerlei Beweis, dass die Nachfrage nach einem günstigen Elektrofahrzeug überhaupt besteht – oder? Weiterer Punkt: Werden nicht mit ausreichend Kapital versorgte und bestens erfahrene Konkurrenten Tesla den Markt streitig machen? Wenn du Antworten auf diese Fragen und mehr willst, dann schnall dich an, weil wir jetzt einen detaillierten Blick auf die Vergangenheit und die Zukunft des Unternehmens werfen werden.
Tesla setzt auf das Model 3
Im August 2006, kurz vor der Rezession, hat Musk seinen „Geheimplan“ für Tesla erstellt. Musk selber fasste diesen so zusammen:
- Sportwagen bauen
- Das damit erwirtschaftete Geld für günstigen Wagen nutzen
- Das damit erwirtschaftete Geld für noch günstigeren Wagen nutzen
Wichtig: Musk wollte erreichen, dass jeder Preisrückgang ein höheres Verkaufsvolumen nach sich ziehen sollte.
„Teslas Strategie besteht darin, am oberen Ende des Markts einzusteigen, wo Kunden daran gewöhnt sind, mehr auszugeben. Dann so schnell wie möglich mit jedem weiteren Modell höhere Produktionen fahren und den Markt nach unten bedienen“, so Musk.
Größtenteils konnte Tesla diesem Plan folgen. Der Tesla Roadster kam im Jahr 2008 auf den Markt. Mit einem Preis von über 100.000 USD war der Zweitürer ein kostspieliger Beweis dafür, was Elektroautos zu leisten vermögen. Außerdem war er dabei behilflich, das nächste Modell des Herstellers zu finanzieren: das Model S.
Der Viertürer sollte beweisen, dass Elektrofahrzeuge nicht nur in der Lage wären mit regulären Wagen zu konkurrieren, sondern sogar besser zu sein. Wenn man das Urteil anhand der Rezensionen und begeisterten Testfahrern misst, dann hat Tesla da sicherlich Erfolg gehabt.
Aber das Model S war nicht unbedingt erschwinglich. Die Auslieferung der Fahrzeuge begann im Jahr 2012, der Basispreis betrug 60.000 USD. (Dann fiel Tesla auf, dass es unzureichend Nachfrage für die 40-kWH-Variante gab, man stellte das Modell ein und setzte auf die 60-kWH-Variante des Model S, deren Anfangspreis knapp 70.000 USD betrug.)
Tesla befindet sich jetzt in der dritten Stufe des Plans. Das „noch erschwinglichere Fahrzeug“ wird Model 3 genannt. Damit will man bei Tesla dem Durchschnittskunden ein gewichtiges Argument präsentieren, einen Elektrowagen zu kaufen.
Derzeit verkauft man noch das Model S und lässt die Produktion für den SUV (Model X) auf Houchtouren laufen. Und man legt die Grundsteine für das Model 3, das als Basispreis bei 35.000 USD liegen soll. Teslas Ziel ist es, dass dieser Wagen Hunderttausende Begeisterter anziehen wird. Da man als Auslieferungszeitraum 2017 anpeilt, ist der Wagen auch die treibende Kraft hinter der 5 Milliarden USD teuren Gigafactory, die ab dem nächsten Jahr die Produktion aufnehmen soll.
Da Tesla derzeit bei 34 Milliarden USD bewertet wird und das Unternehmen mittlerweile ungefähr 10.000 Fahrzeuge pro Quartal verkauft, müssen Investoren darauf vertrauen, dass das Model 3 tatsächlich einschlägt. Wenn man am Ende des Jahrzehnts nicht Hunderttausende Fahrzeuge verkauft, würde Teslas Aktie massiv überbewerten.
Das zieht zwei Fragen nach sich: Ist Teslas erklärtes Vorhaben, bis 2020 500.000 Fahrzeuge pro Jahr zu verkaufen, ein Wunschtraum? Oder kann man bei genauerem Hinsehen feststellen, dass es realistischer ist als Kritiker annehmen?
Der Weg zu den 500.000
Wenn man die Aussagen vom Vorstand zusammensetzt, kann man sich ein Bild davon machen, wie diese magische Zahl erreicht werden soll.
Kurzfassung: Es kommt alles aufs Model 3 an.
Sicher, die Verkäufe von Teslas hochpreisigen Fahrzeugen wirken so, als würden sie die Marken von 2014 knacken. Nicht nur will Tesla 500.000 Stück vom Model S loswerden, Musk denkt außerdem, dass der Model X SUV dem Model S in Sachen Nachfrage Konkurrenz machen kann. Anders gesagt: Es ist wahrscheinlich, dass 100.000 von diesen 500.000 Fahrzeugen aus der Luxussparte kommen werden. Da fehlen dann aber noch 400.000 Fahrzeuge, um auf die große Zahl zu kommen.
Aber wenn das Model 3 in den Handel kommt, wird es genug Nachfrage generieren, um diese Lücke zu füllen?
Es gibt für jede Prognose Risiken. Vor allem wenn es darum geht, dass man aufgrund großer Wachstumszahlen etwas voraussehen soll. Aber eine nähere Betrachtung von derzeitiger Nachfrage für Teslas Fahrzeuge lässt doch vermuten, dass Musks ehrgeiziges Ziel nicht ganz so weit hergeholt ist wie es auf den ersten Blick erscheinen mag. Hier sind drei Gründe.
Die Verkäufe für Elektrofahrzeuge mit großer Reichweite nehmen zu
Viele Fachleute des Markts betrachten Hybrids, Elektrofahrzeuge und andere Spielarten alle zusammen. Das ist aber ein Fehler. Denn die meisten Unterkategorien wachsen langsamer als die Nachfrage für Elektrofahrzeuge mit großer Reichweite.
Um die derzeitige Situation aus Teslas Perspektive zu verstehen, muss man alle Fahrzeuge abrechnen, die nicht als Elektrofahrzeug mit großer Reichweite gekennzeichnet werden können. Sicher, am Ende sind sie alle sinnvolle und sauberere Alternativen zum herkömmlichen Verbrennungsmotor. Aber nur weil sie diese eine Charakteristik gemein haben heißt das noch nicht, dass sie in ein und dieselbe Kategorie fallen sollten. Stattdessen sollten wir diese Unterkategorien einzeln betrachten.
Herkömmliche Hybrids: Diese sind derart weit von Vollelektrischen Fahrzeugen entfernt, dass man sie viel eher den herkömmlichen Verbrennungsmotoren zurechnen sollte. Es gibt keinerlei Möglichkeit, sie einzustöpseln und zu laden. Deswegen muss der Fahrer immer wieder die Tankstelle anpeilen, sobald der Tank leer wird. Es gibt keine Möglichkeit, den Wagen allein per Batterie zu betreiben. Herkömmliche Hybrids werden nicht oft dem Elektrofahrzeugmarkt zugerechnet – umso wichtiger zu wissen, dass diese Sorte Fahrzeug mit Tesla tatsächlich nichts gemein hat.
Plug-In Hybrids: Letztlich Elektrofahrzeuge, die einen riesigen benzingetriebenen Generator mit sich herum karren müssen.
Elektrofahrzeuge mit geringer Reichweite: Elektrofahrzeuge mit einer Reichweite von 150 km oder weniger, die man für den Stadteinsatz gebaut hat. Viele Besitzer setzen auf herkömmliche Autos, wenn es über Land geht.
Elektrofahrzeuge mit großer Reichweite: Darunter fallen für mich Fahrzeuge mit einer Reichweite von 300 Kilometer und mehr. Und damit sind sie eine Kategorie für sich. Diese Fahrzeuge bieten Beschleunigung per Batterie und schnelleres Laden (größere Batterien kommen besser mit dem Laden klar), außerdem komplette Unabhängigkeit von Tankstellen. Die meisten Fahrer legen weniger als 300 Kilometer pro Tag zurück. Damit können die Fahrer die Wagen über Nacht zuhause laden, müssen nicht einmal an die Ladestation fahren. Und da die meisten Fahrer seltener 300 Kilometer pro Tag als 150 Kilometer am Tag zurücklegen, muss es nicht einmal übermäßig viele Ladestationen im Land geben.
Wenn man sich also einmal die Leistungsversprechen der unterschiedlichen Fahrzeugklassen ansieht, wird schnell deutlich, dass die Elektrofahrzeuge mit großer Reichweite eine eigene Kategorie einnehmen sollten.
Derzeit passt nur ein Fahrzeug auf diese Definition: Das Tesla Model S. Deswegen ist das Model S der beste und auch einzige Indikator für die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen mit großer Reichweite.
Wie aber sieht dieser Markt aus? Obwohl das Model S derzeit bei 75.000 USD liegt, gehen die Verkäufe nach oben. Im letzten Quartal satte 56%. Das ist auch kein Einzelfall. Das Unternehmen gibt an, dass es dieses Wachstum für den Rest des Jahres aufrecht erhalten kann. Seitdem das Model S im Jahr 2012 auf den Markt kam, war die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen mit großer Reichweite konstant.
Sollte es weiterhin dem SUV Model X gelingen, dieselbe Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen wie es das andere Modell geschafft hat, könnte das Wachstum für Elektrofahrzeuge mit einem Wert von 75.000 USD aufwärts noch ein paar Jahre anhalten. Selbst ganz ohne Werbung wurden bei Tesla schon 20.000 Vehikel angezahlt und bestellt.
Wachstum ohne Werbung
Tesla hat für dieses Wachstum nicht einen einzigen Dollar Werbung ausgegeben. Probefahrten und Mundpropaganda haben dafür gesorgt, dass die Nachfrage größer ist als man mit der Produktion hinterherkommt. Die im Produkt verankerten Vorteile dieser Fahrzeuge gegenüber jenen mit Verbrennungsmotoren sind wohl schon Werbung genug. Je mehr Tesla-Fahrzeuge man auf der Straße sieht, desto mehr Menschen wollen auch so einen Wagen haben – und die Verkaufszahlen steigen.
2013 schon hat der Vorstand von Tesla dieses Phänomen seinen Aktionären in einem Brief erklärt. „Je mehr Menschen unsere Autos auf den Straßen sehen, eine Probefahrt machen oder mit Besitzern des Model S sprechen, desto mehr Nachfrage für das Produkt wird geschaffen. Die Nachfrage ist größer als der Vorrat, und das ohne Werbung, ohne Rabatte und ohne Sponsoring.“
Der Erfolg des Model S ist der Erfolg des Model 3
Leider gibt es kein anderes, günstigeres E-Fahrzeug, das uns als Maßstab für die Verkaufszahlen für das Model 3 dienen könnte. Alle günstigeren Modelle haben entweder den Nachteil, dass sie keine vollen E-Fahrzeuge sind, oder dass sie nicht in der Lage sind, Verbrennungsmotoren im alltäglichen Gebrauch vollständig zu ersetzen.
Daher ist die einzige Möglichkeit den zukünftigen Erfolg zu messen, sich das Model S anzuschauen und zu sehen, was zu einem günstigeren Preis möglich ist.
Wie verkauft sich das Model S im Vergleich zu seinen Konkurrenten im Segment über 75.000 USD? Im ersten Quartal war das Model S das bestverkaufte Fahrzeug in der oberen Mittelklasse in Nordamerika. Wenn man also das Model S als Beispiel nimmt, kann man davon ausgehen, dass die Nachfrage nach einem noch günstigeren Modell enorm sein wird.
Da der Markt für Fahrzeuge ab 35.000 USD um ein Vielfaches größer sein dürfte als der für Fahrzeuge ab 75.000 USD, ist es sicherlich nicht außer Frage, dass das Model 3 genug Nachfrage generieren könnte, dass man bis 2020 Hunderttausende davon verkauft. In der Tat dürfte der Markt so groß sein, dass sich verschiedene Hersteller da tummeln könnten und trotzdem nur einen Bruchteil des Markts bedienen würden. Um das mal ins rechte Licht zu rücken: BMW allein hat 480.000 seiner 3er Modellreihe im Jahr 2014 verkauft.
Es ist vielleicht ein bisschen naiv anzunehmen, dass man den Erfolg von einem Marktsegment auf das andere übertragen kann. Andererseits scheint es nur logisch, dass der Erfolg des Unternehmens am oberen Spektrum des Markts nicht auch weiter unten zu wiederholen wäre.
Musk selber hat diesen Gedankengang beim Aktionärstreffen im April angesprochen: „Wir bringen mehr Modelle auf den Markt, die immer günstiger werden. Unser Erfolg erscheint mir als gutes Zeichen für die kommenden Produkte.“
Die Konkurrenz auf dem Sektor könnte Tesla zugute kommen
Letztlich – und nicht unwesentlich – ist es durchaus möglich, dass Konkurrenz von anderen Autoherstellern Tesla sogar zugute kommt. Sicher, die Markteinführungen anderer Elektrofahrzeuge mit großer Reichweite könnte potenzielle Käufer auch zu andere Marken führen. Aber wenn diese Marken und Modelle eine ähnliche Wertigkeit wie Teslas Modelle haben und dieselbe Mundpropaganda nach sich ziehen, dann könnte die insgesamte Käuferzahl sich vervielfachen. Es würden immer mehr Menschen Interesse daran haben, einen Wagen „wie Tesla“ zu besitzen. Letztlich wäre die Nachfrage für das gesamte Segment größer.
Sind Musks ambitionierte Vorhaben für das Model 3 also realistisch? Nicht auszuschließen. Aber da in der Rechnung noch so viele Unbekannte herrschen, sollten Investoren die Voraussagen von Tesla derzeit noch als Spekulation betrachten. Nicht nur, dass die Konkurrenz sich einen großen Teil vom Kuchen abschneiden könnte. Es gibt zudem noch jede Menge Risiken beim Produktionsprozess im Unternehmen, allem voran, dass Tesla noch nie Fahrzeuge in solch hoher Stückzahl hergestellt hat.
Investoren, die darüber nachdenken ihre Anteile zu verkaufen, sollten also gut darüber nachdenken. Es sieht für das ganze Segment nämlich gar nicht schlecht aus. Und Tesla sitzt mitten im Netz einer schnell wachsenden Branche.
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The Motley Fool empfiehlt und besitzt Aktien von Tesla Motors.
Dieser Artikel wurde von Daniel Sparks auf Englisch verfasst und erschien am 28.6.2015 auf Fool.com. Er wurde übersetzt, damit unsere deutschen Leser an der Diskussion teilnehmen können.