Infineon-Aktie: Anleger fürchten den China-Crash
Infineon (WKN:623100) berichtete am 2. Februar über die aktuelle Geschäftslage und das im Dezember beendete 1. Quartal des Fiskaljahres 2015/2016. Die Investoren und Analysten hatten Schwierigkeiten, kurzfristig die Fülle an Informationen zu verarbeiten, entsprechend stark waren die Ausschläge der Aktie im Tagesverlauf.
Letztlich setzten sich die Bären durch, Infineon wurde zum Tagesverlierer. Lass uns daher im Detail anschauen, welches die Argumente sind und warum ich glaube, dass die Aussichten trotzdem gut bleiben.
Starke Quartalszahlen, aber kleine Misstöne
Als Zulieferer für die Elektronikindustrie beginnt das Weihnachtsgeschäft bereits Mitte des Jahres, während das Dezemberquartal regelmäßig saisonal etwas schwächer verläuft. Unter diesen Umständen verzeichnete der Konzern als Erfolg, dass der Umsatz nur geringfügig zurückging. Gegenüber dem Vorjahresquartal steht ein Plus von 38 %. Auch beim Verhältnis von Bestellungen zu Auslieferungen wurde mit 1,1 ein guter Wert erzielt, sodass sich das Unternehmen weiterhin auf einem guten Wachstumskurs befindet.
Weniger gut entwickelte sich der operative Gewinn. Eine Reihe von Faktoren spielen hier eine Rolle:
- Während man sich zuvor immer stark positiv zur Integration von International Rectifier geäußert hat, war der Grundton dieses Mal eher negativ bezüglich der aktuellen Situation. Aufgrund von nicht näher spezifizierten vertraglichen Verpflichtungen würden die Margen des Wechselrichter-Segments IPC noch über Jahre unter der Zielmarke von 15 % liegen.
- Bei den Segmenten IPC und PMM (Energiemanagement für diverse Anwendungen) wurden aufgrund eines ungünstigeren Produktmixes geringere Margen erwirtschaftet.
- In Malaysia hat die Abwertung der Währung zu Abschreibungen auf Bestände geführt. Zusätzlich wurden Mittel für den Produktionsanlauf eines zusätzlichen Fertigungsstandortes ausgegeben, während für einen aufgegebenen Standort in Singapur weitere Restrukturierungskosten angefallen sind.
Der Wandel im Ton bezüglich International Rectifier überrascht. Trotzdem erscheint keiner dieser Punkte ausreichend dafür, den Kurs von Infineon derart abzustrafen. Offenbar hat den Anlegern auch bei den Zukunftsaussichten etwas nicht geschmeckt.
Gemischter Ausblick
Zunächst sorgt der Ausblick auf das aktuell laufende Quartal für eine gewisse Verunsicherung. Ein Quartals-Wachstum von lediglich 1 bis 5 % und eine weitere Verringerung der erwarteten operativen Gewinnmarge auf 13 % erscheinen nicht berauschend. Vor allem die üblichen Preisreduzierungen zum Januar drücken kurzfristig auf die Margen.
Bis Ende September will man allerdings wie im Vorjahr stark aufholen und die Profitabilität für das Fiskaljahr auf über 15 % heben. Drei Faktoren sind hierfür nach Managementaussagen wesentlich:
- Erstens sind keine weiteren Preisreduktionen vorgesehen, die Verbesserung in der Produktivität geht hingegen kontinuierlich weiter
- Zweitens werden durch steigende Volumina zusätzliche Skaleneffekte erzeugt
- Drittens kommen Synergien mit International Rectifier vermehrt zum Tragen
Außerdem ist Infineon begeistert vom jüngsten internationalen Klimaabkommen, bei dem sich fast alle Länder dazu verpflichten, Emissionen zu reduzieren und folglich auch energieeffizientere Technologien einzusetzen, ein Thema, bei dem der Konzern viel beizutragen hat.
Unter der Voraussetzung, dass sich im Umfeld nichts Wesentliches ändert, sollte sich Infineon auch in diesem Fiskaljahr sehr erfreulich entwickeln. Aber vielleicht liegt gerade hier der springende Punkt, wenn wir den Blick nach China richten.
Chancen und Herausforderungen in Asien
Für Unsicherheit sorgt der für Infineon immer wichtigere asiatische Markt. Insbesondere das Segment PMM macht 70 % seiner Umsätze in dieser Region und wäre von einer Umfeldeintrübung stark betroffen. Beispielsweises bilden Ladegeräte und andere Power-Management-Anwendungen für Smartphones und Tablets eine bedeutende Säule dieses Geschäftsfelds. Hier entwickelt sich die Nachfrage derzeit eher zurückhaltend.
Auf der anderen Seite konnten Erfolge in anderen Bereichen gemeldet werden. Beispielsweise ist es gelungen, sich im Markt für Hybrid- und Elektrofahrzeuge gut zu positionieren, ein Markt, der sich in China voraussichtlich sehr dynamisch entwickeln wird.
Im Bereich mobiler Zahlungslösungen gewann Infineon wichtige Aufträge von Lenovo (WKN:894983) und Samsung (WKN:881823). Darüber hinaus werden in Haushaltsgeräten und Klimaanlagen zunehmend Wechselrichter zur stromsparenden Leistungssteuerung eingesetzt, ein Markt, der weiterhin hohe Wachstumsraten verspricht.
Insgesamt erscheint die Lage daher weiterhin sehr positiv. Vertriebschef Arun Mittal berichtete, dass Anfang Januar in China das vorzeitige Erreichen des Ziels eines Jahresumsatzes von über einer Milliarde Euro gefeiert wurde.
Gleichzeitig konnte sich Infineon erstmals in Japan bei einem Großauftrag im Bereich des Motormanagements gegen die starke einheimische Konkurrenz durchsetzen, ein gutes Zeichen, dass man nicht nur kostenseitig, sondern auch technologisch eine Führungsposition innehat. Hierfür spricht auch, dass sich das Management selbstbewusst gibt, dass chinesische Halbleiter-Wettbewerber auf absehbare Zeit höchstens im Bereich der mobilen Kommunikation gefährlich werden könnten.
Infineon gelingt es also sehr überzeugend, vielfältige Chancen im asiatischen Markt wahrzunehmen. Allerdings ist am gleichen Tag der Ölpreis wieder eingebrochen, womit viele Analysten und Anleger die Angst verbinden, dass die chinesische Konjunktur in Schwierigkeiten geraten könnte.
Sollte sich diese Befürchtung bewahrheiten, wäre Infineon stark betroffen. Wenn man dies berücksichtigt, wäre die Einpreisung einer höheren Risikoprämie für die Infineon-Aktie durchaus gerechtfertigt.
Fazit: Infineon bleibt zunächst in der Gewinnerspur
Kleineren Misstönen steht eine starke Entwicklung des Geschäfts mit Automobilzulieferern und asiatischen Elektronikunternehmen entgegen. Die jüngsten Vertriebserfolge belegen die ausgezeichnete Marktpositionierung. Regulatorische und technische Trends spielen Infineon weiterhin in die Hände.
Befürchtungen, dass sich das Geschäft in China auf breiter Basis verschlechtern könnte, erscheinen mir übertrieben. Infineon hat mittlerweile ein sehr robustes Geschäftsmodell mit den unterschiedlichsten Kundengruppen.
Bei einem erwarteten Umsatz von rund 6,5 Mrd. EUR, einer operativen Gewinnmarge von 16 % und voraussichtlich weiter steigenden Dividenzahlungen erscheint das aktuell reduzierte Niveau von unter 12 EUR attraktiv.
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Ralf Anders hält keine Wertpapiere genannter Unternehmen. The Motley Fool besitzt keine Aktien genannter Unternehmen.