Deutsche und Commerzbank oder BMW und VW? Wo Anleger jetzt besser aufgehoben sind
Über Bank- und Autoaktien gehen die Meinungen immer wieder weit auseinander, auch unter uns Autoren bei The Motley Fool. Ein disruptiver Branchenwandel und drastische Bußgelder machen diesen Unternehmen zu schaffen und erschweren die Bewertung der Zukunftsaussichten. Aber gerade wegen dieser Unsicherheit stehen die Aktien unter Druck und wirken zumindest optisch günstig.
Viele fragen sich daher wahrscheinlich, wo ihr Geld bessere Aussichten hat. Deshalb habe ich mir mal angeschaut, wie sich die beiden Seiten hinsichtlich ihrer Substanz, Profitabilität, besonderen Risiken und Wachstumsaussichten schlagen.
Vergleich Nr. 1: Die Substanz
Um die Substanz eines Unternehmens einzuschätzen, schaue ich in der Regel auf zwei Dinge: Wie viel Eigenkapital pro Aktie zur Verfügung steht und wie gefährdet dieses ist. Auf die Gefährdung gehe ich im nachfolgenden Teil ein, sodass wir uns hier erst mal nur auf das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) konzentrieren können.
Noch vor wenigen Quartalen wies vor allem die Commerzbank (WKN:CBK100) ein geradezu lächerliches KBV von etwa einem Fünftel auf. Mittlerweile hat die Aktie viel aufgeholt. Trotzdem führt sie — gemeinsam mit der Deutsche Bank (WKN:514000) — nach diesem Kriterium immer noch das DAX-Ranking an.
Auch Volkswagen (WKN:766403) wird unter Buchwert gehandelt und die anderen deutschen Autobauer nur knapp darüber. Trotzdem ist das Ergebnis klar: Unter der Voraussetzung, dass man der ordnungsgemäßen Buchhaltung der Banken trauen kann, bekommt man dort mit Abstand am meisten Substanz für sein Geld.
1:0 für die Banken
Vergleich Nr. 2: Die besonderen Risiken
Aber das ist natürlich der springende Punkt: Haben die Banker unser Vertrauen bereits verdient, nachdem sie über viele Jahre mit betrügerischen Aktivitäten und überzogenen Bonizahlungen von sich Reden gemacht haben? Vor allem die Deutsche Bank musste mehrfach Milliardenabschreibungen und hohe Strafzahlungen hinnehmen, Eigenkapitalerhöhungen statt Dividendenausschüttungen waren die Folge.
Allerdings sind beide beim Abbau ihrer Risiken schon weit vorangekommen und sie konzentrieren sich wieder mehr auf ihre klassischen Stärken. Bei der Deutschen Bank macht der Chef John Cryan meines Erachtens gute Arbeit, wenn es darum geht, die Seriosität des Hauses zurückzuerlangen.
Ganz sauber sind ja bekanntlich auch die Autobauer nicht. Am Dieselskandal wird VW noch einige Zeit zu knabbern haben und auch über den Konkurrenten hängt noch ein Damoklesschwert. Zudem gibt es immer mal wieder kartellrechtliche Vorwürfe, wo sich die Beteiligten in der Grauzone zwischen notwendiger Standardisierung und illegalen Absprachen bewegen.
Rückblickend würde ich die Banken als schlimmer ansehen, aber ausgehend vom Status Quo sehe ich in beiden Lagern ähnlich große Risiken durch laufende Verfahren und zukünftiges Fehlverhalten, wobei BMW (WKN:519000) und Commerzbank besser als VW und Deutsche Bank abschneiden.
Unentschieden – 2:1 für die Banken
Vergleich Nr. 3: Die Profitabilität
Ein Risiko der anderen Art ist das Ausbleiben von nennenswerten operativen Gewinnen. Schon das geringe Zinsniveau und die straffere Regulierung machen den Großbanken das Leben schwer. Aber als ob das nicht genug wäre, graben ihnen auch noch Auto- und Online-Banken, aufkommende ausländische Konkurrenz, Sparkassen und Volksbanken das Wasser ab.
Daneben sorgen Fintech-Startups regelmäßig dafür, dass früher ertragreiche Geschäfte der Digitalisierung zum Opfer fallen. Über ambitionierte eigene Initiativen in diesem Bereich sowie umfassende Restrukturierungsmaßnahmen wird fast verzweifelt versucht gegenzusteuern. Ob unter diesen Bedingungen jemals wieder die Milliardengewinne von früher erreicht werden können, bleibt fraglich.
Seitens der Autohersteller sieht es viel besser aus. Blendet man die bußgeldträchtigen Verfehlungen aus, dann sieht man ein hochprofitables operatives Geschäft. Die Beratungsgesellschaft Ernst & Young hat die Resultate aus dem ersten Halbjahr 2017 ausgewertet und kam zum Schluss, dass sich alle drei unter den Top 5 weltweit befinden, was die Gewinnmarge in Prozent vom Umsatz angeht, angeführt von BMW. Beim „Problemkind“ VW blieben erstaunliche 8,9 Mrd. Euro vor Steuern übrig (bei ausgeglichenem Finanzergebnis). Das ist eine Menge Geld, mit dem sowohl die Herausforderungen der Zukunft angegangen, als auch die Aktionäre glücklich gemacht werden können.
2:2 – Ausgleich!
Vergleich Nr. 4: Die Wachstumsaussichten
Um diesen Punkt zu beantworten, müssen wir einige Jahre in die Zukunft blicken. Meine Glaskugel sagt dazu, dass es den deutschen Großbanken zwar gelingen wird, relevant und einigermaßen profitabel zu bleiben, aber für größere Wachstumsschübe haben sie wohl nicht die Kraft. Gegenüber den angelsächsischen und chinesischen Instituten sind sie dazu viel zu weit ins Hintertreffen geraten und Druck kommt von allen Seiten.
Vor allem Daimler (WKN:710000) und BMW schwimmen hingegen derzeit im Geld und können eine Milliardeninvestition nach der anderen ankündigen. Trotzdem hängt sehr stark von der Strategie des Managements ab, was am Ende dabei herauskommt. Im Zuge der vielfältigen Umbrüche rund um Elektrifizierung, Carsharing und Autonomie drohen im schlimmsten Fall sogar drastische Verluste von Marktanteilen.
Auf alle Fälle dürfte es schwer werden, im möglicherweise irgendwann schrumpfenden Kerngeschäft frühere Wachstumsraten aufrechtzuerhalten. Allerdings stehen den Konzernen links und rechts davon zahlreiche Möglichkeiten offen, um neue Geschäftspotenziale zu entwickeln, weshalb ich die Automobilindustrie hier trotzdem leicht im Vorteil sehe.
3:2 für die Autobauer
Ein enges Rennen
Ich glaube, dass sowohl Banken als auch Autohersteller derzeit zu den am attraktivsten bewerteten DAX-Konzernen gehören. Für die Banken spricht ihre weiterhin außergewöhnlich hohe Substanz und die zunehmende Bewältigung ihrer größten Herausforderungen. Die Kfz-Hersteller auf der anderen Seite punkten insbesondere mit ihrer anhaltend hohen operativen Profitabilität.
Das Ergebnis dieses Vergleichs fällt äußerst knapp aus, sodass es letztlich auch darauf ankommt, ob du beispielsweise eher Zetsche oder Cryan zutraust, dass sie ihre Supertanker sicher über die Weltmeere schippern.
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Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool empfiehlt BMW und Daimler.