Aixtron Zahlencheck: Das Unternehmen gibt noch nicht auf – kann es die Kurve kriegen?
Alle Zahlen der Jahresberichte stammen aus der Datenbank von S&P Capital IQ.
Die Aktie des Elektronik-Herstellers Aixtron SE (ETR:AIXA) wurde in den letzten Monaten ganz schon gebeutelt. Im Oktober letzten Jahres stand sie noch bei über 12 EUR, jetzt, am 12.03., liegt sie bei unter 7,50 EUR. JPMorgan Asset Management wettet, dass sie noch weiter abstürzen wird. Basierend auf den Zahlen der letzten fünf Jahre sind die langfristigen Aussichten für das Unternehmen leider ebenfalls nicht rosig, wie wir in meiner heutigen Analyse sehen werden.
Für die Analyse verwende ich ein bestimmtes Kennzahlengerüst, mit dessen Hilfe wir Einblick in die folgenden vier wichtigen Unternehmenspfeiler erhalten:
- Die Kapital- und Vermögensstruktur,
- die Liquiditätssituation,
- die Renditestärke und
- die operative Stärke.
Bei Interesse an der genauen Berechnung und weiteren Details dieser 15 Kennzahlen bitte ich dich, diesen Sonderbericht von The Motley Fool herunterzuladen, da dies sonst unseren Rahmen hier sprengen würde. In diesem Artikel führe ich dich jetzt durch die Ergebnisse der Berechnung dieser Kennzahlen, was sie uns über Aixtron Aussagen und was das für Investoren bedeutet.
Wie immer beginnen wir mit dem Umsatzwachstum der letzten fünf Jahre. (2014 lag der Gesamtumsatz des Unternehmens bei rund 194 Millionen Euro.)
2010 | 2011 | 2012 | 2013 | 2014 | |
Umsatzwachstum | 158,8 % | -22,0 % | -62,7 % | -19,7 % | 6,0 % |
Diese Zahlen sind sehr erstaunlich. Nach einem unglaublichen Sprung um das Zweieinhalbfache von 2009 auf 2010 ist der Umsatz in den drei folgenden Jahren wieder stark gesunken. Auch der Anstieg 2014 führt damit zu einem Umsatzrückgang in den letzten 5 Jahren um 8,5 % pro Jahr. Aber vielleicht begann im Jahr 2014 ein positiver Trend? Mal sehen, was die anderen Zahlen sagen.
Die Kapital- und Vermögensstruktur
Die folgenden vier Kennzahlen verraten uns, wie solide das Unternehmen finanziert ist, und wie effektiv es sein Kapital einsetzt.
2010 | 2011 | 2012 | 2013 | 2014 | |
Kapitalumschlag | 1,12 | 0,76 | 0,34 | 0,33 | 0,35 |
Anlagenintensität | 9 % | 12 % | 17 % | 14 % | 14 % |
Eigenkapitalquote | 73 % | 81 % | 84 % | 83 % | 78 % |
Kreditorenquote | 18 % | 14 % | 11 % | 14 % | 14 % |
Beginnen wir mit den unteren beiden Kennzahlen. Diese zeigen ein ausnahmslos positives Bild der Finanzierung – 78 % des Vermögens ist mit Eigenkapital finanziert und 14 % kommt von den Kreditoren, also den Verpflichtungen an Lieferanten. Heißt im Umkehrschluss, dass gerade einmal 8 % des Vermögens mit zinstragenden Schulden finanziert ist – das ist topp!
Der Kapitalumschlag ist infolge des Umsatzrückgangs auf rund 0,34 in den letzten drei Jahren zusammengestaucht worden. Das heißt, dass Aixtron mit jedem Euro eingesetzten Kapital gerade einmal 34 Cent Umsatz macht – für einen Elektronikhersteller auf den ersten Blick erschreckend wenig –, aber nach den Umsatzzahlen sollte uns das nicht überraschen.
Die Anlagenintensität hat das Unternehmen in den letzten Jahren ebenfalls relativ konstant gehalten. Man investiert also durchaus weiter, zumindest in den Erhalt der Anlagen, und möchte offenbar die Kurve kriegen.
Die Liquiditätssituation
2010 | 2011 | 2012 | 2013 | 2014 | |
Quick Ratio | 218 % | 260 % | 292 % | 359 % | 256 % |
Cash-Zyklus | -13 Tage | -35 Tage | -57 Tage | -8 Tage | -21 Tage |
Kreditorenziel | 32 Tage | 19 Tage | 21 Tage | 65 Tage | 36 Tage |
Debitorenziel | 45 Tage | 54 Tage | 78 Tage | 73 Tage | 57 Tage |
Reichweite liquide Mittel | 378 Tage | 284 Tage | 339 Tage | 822 Tage | 646 Tage |
Vorratsreichweite | 164 Tage | 177 Tage | 204 Tage | 178 Tage | 197 Tage |
Das hohe Quick Ratio sagt uns, dass Aixtron mehr Liquidität hat, als das Unternehmen benötigt. Die Liquiden Mittel reichen für über 1,5 Jahre. Die Frage ist, was das Unternehmen mit dem ganzen Geld vorhat, denn die Situation hat sich seit Jahren nicht geändert.
Auch die Vorratsreichweite ist mit über einem halben Jahr unüblich hoch. Entweder das Unternehmen arbeitet mit Rohmaterialien, die unheimlich schwer zu beziehen sind, oder aber man hält die Vorräte schon seit Jahren in der Hoffnung auf stärkere Umsätze hoch. Das erste scheint mir nicht unmöglich, da die Vorräte auch im Jahr 2010 – als der Umsatz extrem in die Höhe sprang – sehr hoch waren. Bei einer tiefergehenden Analyse wäre das jedenfalls etwas, das du genauer untersuchen solltest.
Die Renditestärke
2010 | 2011 | 2012 | 2013 | 2014 | |
Vertriebsgemeinkostenintensität | 10 % | 11 % | 24 % | 25 % | 18 % |
Forschungsintensität | 6 % | 8 % | 30 % | 31 % | 32 % |
Nettomarge | 24,6 % | 13,0 % | -63,8 % | -55,2 % | -32,3 % |
Cashflowmarge | 18,8 % | -1,0 % | -19,8 % | 4,5 % | -17,4 % |
Die Zahlen im Jahr 2010 waren ein Traum, und auch 2011 kann sich mit einer Nettorendite im zweistelligen Bereich sehen lassen. Aber dann geht es los: Die fallenden Umsätze reißen diese Zahl und die Cashflowmarge mit in den Abgrund, Aixtron schreibt sehr hohe Verluste, auch noch in 2014.
Was man dem Unternehmen zugutehalten muss ist, dass es nicht aufgibt. Die Forschungsausgaben wurden nicht gekürzt (fast ein Drittel des Umsatzes geht in Forschung und Entwicklung, das ist enorm). Allerdings trägt das natürlich erheblich dazu bei, dass die Verluste nicht eingeschränkt werden.
Die operative Stärke
2010 | 2011 | 2012 | 2013 | 2014 | |
Investitionsquote | 5,6 | 3,1 | 1,4 | 0,6 | 0,8 |
An dieser Stelle diskutiere ich eigentlich zunächst die Zinsdeckungsquote (um welchen Faktor übersteigt das operative Ergebnis die angefallenen Zinsen) und die dynamische Verschuldung (wie viele Jahre es dauern würde, die gesamten Schulden aus dem operativen Cashflow zu tilgen). Da das Unternehmen in den letzten Jahren aber weder bedeutende Schulden hatte, also kaum Zinsen zahlen musste, noch bedeutenden Cashflow aufwies, können wir diese Kennzahlen getrost ignorieren. Sie würden wenig bis nichts aussagen.
Anhand der Investitionsquote können wir zumindest erkennen, dass Aixtron in den letzten zwei Jahren dann doch weniger investiert hat, als es seine Anlagen abgeschrieben hat. Bereitet man sich doch auf eine düstere Zukunft vor oder sind das nur Timing Effekte?
Anhand dieser Zahlen kann ich die Shortposition von JPMorgan AM verstehen
Bei eine Marktkapitalisierung von über 800 Millionen EUR und einem Umsatz von unter 200 Millionen EUR in Kombination mit diesen Zahlen bin ich ebenfalls alles andere als zugeneigt zu sagen, dass du unbedingt in Aixtron investieren solltest.
Das Unternehmen kämpft offensichtlich auf einem wettbewerbsintensiven Markt. Es hat zwar sehr viel Geld auf der Seite und kaum Schulden, aber es schreibt seit drei Jahren keine bedeutenden Gewinne mehr. Noch investiert man erhebliche Summen in die Forschung und Entwicklung und scheint zu hoffen, dass man diesen Trend mit wettbewerbsfähigen Produkten umkehren kann.
Allerdings würde ich mit einer Investition warten, bis es realistische Anzeichen dafür gibt, dass dies gelingen könnte. Im Moment sieht es für mich noch nicht danach aus.
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Bernd Schmid besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt Aktien von JPMorgan Chase.