So findest du heute einmalige Turnaround-Chancen in der kriselnden Stahlbranche

Die Stahlindustrie ist in der Krise, liest man seit einiger Zeit. Dabei wird oft nicht ausreichend zwischen den einzelnen Wertschöpfungsstufen der Branche differenziert. Auf diese Weise wird leicht übersehen, dass wir auch einige Lichtblicke entdecken können.
1. Stufe: Die Eisenerz-Lieferanten
Dieser Bereich wird von lediglich drei Bergbaukonzernen dominiert. Noch vor wenigen Jahren gehörten diese zu den wertvollsten Unternehmen weltweit. Heute sind sie eher Mittelmaß. Schlechtes Timing bewies der weltgrößte Stahlproduzent ArcelorMittal (WKN:A0M6U2): In den Jahren, als der Erzpreis aufgrund der stürmischen chinesischen Nachfrage nach oben geschossen war, wurden mehrere Minen teuer in den Konzern integriert, um die Abhängigkeit von den Großen 3 zu reduzieren.
Heute sind diese Zukäufe eher ein Klotz am Bein. Auf absehbare Zeit dürfte das Geschäftsumfeld auf dieser Stufe schwierig bleiben, der massiv eingebrochene Eisenerz-Preis zeigt keinerlei Erholungstendenzen.
2. Stufe: Stahlwerkausrüster
Scheinbar ähnlich sieht es bei den Großen 3 der Stahlwerkausrüster aus. Die traditionellen Kunden der SMS Group, der deutsch-japanischen Primetals und der italienischen Danieli (WKN:872550) vergeben aufgrund des derzeit unrentablen Geschäfts kaum noch Großaufträge.
Immerhin können diese Anlagenbauer einfacher als Minenbetreiber ihre Strukturen so anpassen, dass sie mittelfristig wieder profitabler arbeiten können. Das Geschäft mit Service und Ersatzteilen sowie der Aufbau neuer Aktivitäten stehen vermehrt im Vordergrund. Die börsennotierten Italiener konnten darüber hinaus im Januar einen Milliardenauftrag aus Iran an Land ziehen. Entsprechend dürfte die Gewinnentwicklung der immer noch günstig bewerteten Gruppe schon bald nach oben drehen.
3. Stufe: Rohstahlerzeugung
Reine Stahlerzeuger profitieren grundsätzlich von den reduzierten Einkaufspreisen für Eisenerz und Koks. Dieser Vorteil wird allerdings wettgemacht durch ein weltweites Überangebot. Vor allem in China reagieren die oft zum Teil staatseigenen Betriebe lieber mit Mengenausweitung als mit Kapazitätsreduktionen.
Zusammen mit der eher verhaltenen Nachfrage auf vielen Endmärkten ergibt dies ein schwieriges Marktumfeld. Die niedrigeren Produktionskosten müssen meist voll an die nächste Stufe weitergegeben werden. Weltweit mussten in den letzten Jahren zahlreiche Werksschließungen und Fast-Pleiten verzeichnet werden, darunter auch das zweitgrößte Werk in England. Russische und amerikanische Hersteller wie Mechel (WKN:A0DKXV) und U.S. Steel (WKN:529498) melden massive Verluste.
Glücklicherweise sind viele große Stahlhersteller auch in nachgelagerten Stufen mit höherer Stabilität aktiv.
4. Stufe: Vorprodukte und Komponenten
Die meisten Stahlhersteller produzieren auch eine Vielfalt an Vorprodukten und Komponenten für die Weiterverwendung in der Industrie und im Bausektor. Dabei sind einfache Massenprodukte wie Stahlprofile und Bleche aus Standardlegierungen von hochwertigeren technischen Spezialprodukten zu unterscheiden.
Bei der Bewertung einzelner Stahlunternehmen ist es wichtig, den Mix aus Abnehmerbranchen zu beachten. Die Energiebranche dürfte noch längere Zeit zurückhaltend investieren und bei Bau- und Landmaschinen sieht es zumindest aktuell auch nicht rosig aus. Starke Nachfrage kommt hingegen aus der Windkraftindustrie und auch die Luftfahrt- und Rüstungsindustrie scheint gut zu laufen. Insgesamt stabil ist die in Europa so wichtige Automobilbranche.
Beispielsweise ist die österreichische Voestalpine (WKN:897200) mit ihrem Geschäftsmodell grundsätzlich gut positioniert, hat weder mit Eisenerz noch Massenstählen zu tun. Folglich verlor die Aktie über die letzten Jahre vergleichsweise wenig an Wert. Allerdings lastet aktuell die schwächere industrielle Nachfrage, insbesondere das brachliegende Geschäft mit der Öl- und Gasbranche, auf der Geschäftsentwicklung. Deshalb musste im Dezember eine Umsatzwarnung herausgegeben werden.
5. Stufe: Stahlhandel
Ähnlich wie Ölkonzerne gerne in den Bereichen Petrochemie und Tankstellen mitmischen, versucht auch ein Teil der Stahlhersteller über die Vorwärtsintegration die Konjunkturabhängigkeit zu verringern. Hierzu gehört beispielsweise Salzgitter (WKN:620200) mit ihrem weltweit tätigen Mannesmann Stahlhandel.
Leider ist die Situation im Moment ungünstig, da die Abnahmevolumen nicht steigen, aber die stetig sinkenden Preise die Lagerbestände entwerten. Das drückt auf die Margen, was insbesondere unabhängige Spezialisten wie Klöckner & Co. (WKN:KC0100) zu spüren bekommen.
Das Gute ist jedoch, dass die Profitabilität dieses Geschäfts kaum vom Preisniveau abhängt. Wichtig ist lediglich die Richtung der Entwicklung: bereits bei Stabilität oder leicht steigenden Preisen läuft es in der Regel rund. Da vielfach erwartet wird, dass der Tiefpunkt bald hinter uns liegt, dürfte der Stahlhandel in den kommenden Jahren wieder vernünftige Gewinne abwerfen.
Fazit
Jede Wertschöpfungsstufe hat ihre eigenen Gesetze. Wer hier investieren möchte, sollte sowohl die jeweiligen Preise auf der Einkaufsseite als auch die Nachfragesituation auf der Verkaufsseite betrachten. Verbinden sich bei einem Branchenunternehmen tiefe Einkaufspreise und anziehende Nachfrage, dann hast du die perfekten Zutaten für steigende Aktienkurse.
Während die unter Überkapazitäten leidenden reinen Eisenerzlieferanten und Stahlhersteller auf absehbare Zeit einer schwierigen Zukunft entgegenblicken, könnte es für diejenigen mit höherem Engagement im Engineering, Service und Handel schon bald wieder richtig gut laufen.
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Ralf Anders hält keine Wertpapiere genannter Unternehmen. The Motley Fool hält keine Wertpapiere genannter Unternehmen.