Jahresendrallye: Warum die Kurse zum Jahresende steigen – und warum uns das egal ist
Die Italiener haben gesprochen und das Verfassungsreferendum in ihrem Land abgelehnt. Glaubt man der einen oder anderen Nachricht, so sollte das das Ende Europas und des Euro bedeuten. Doch trotz des prophezeiten Weltuntergangs sprang der DAX plötzlich über 11.000 Punkte und markierte ein neues Jahreshoch. Prompt schreiben die Medien wieder von einer Jahresendrallye – und über einen vermeintlichen „Kaufdruck“, der nun herrsche. Aber für uns Fools ist das nur Folklore.
Lange Zeit ging es nur seitwärts
Von Anfang August bis in den Dezember hinein, also vier Monate lang, rührte sich der DAX kaum von der Stelle und bewegte sich zwischen 10.200 und 10.800 Punkten. Seit dem gescheiterten Referendum in Italien jedoch geht es bergauf mit der Börse, und die Medien haben wieder etwas Spannendes zu berichten: Endlich ist die Jahresendrallye da.
Was ist denn nun mit der Jahresendrallye?
Dabei handelt es sich um ein statistisch gut belegtes Phänomen an den Aktienmärkten, nämlich steigende Kurse zum Ende des Börsenjahres. Eine fundamentale Erklärung gibt es dafür nicht. Häufig werden Boni und Weihnachtsgeld für Angestellte genannt, die Ende des Jahres ausgezahlt und dann gleich angelegt werden.
Ein weiterer Grund dürfte das sogenannte „Window Dressing“ sein. Damit ist das Verhalten von Fondsmanagern gemeint, die zum Jahresende offenlegen müssen, welche Wertpapiere sie besitzen. Kurz vorher werden schlecht gelaufene Aktien verkauft und die erfolgreichsten Titel des Jahres gekauft, um den Bericht besser aussehen zu lassen.
Der Herdentrieb
Für den gemeinen Anleger heißt es nun, auf den Zug aufzuspringen – zumindest dann, wenn man der Presse glauben darf. So zitiert etwa n-tv.de einen Händler mit den Worten:
Jeder, der jetzt nicht mit dabei ist, verschenkt bis zum Jahresultimo möglicherweise Kurs-Performance.
In der Börsenpsychologie kennen wir dieses Verhalten als Herdentrieb. Jeder macht mit, eben aus der Angst, etwas zu verpassen. Professionelle Händler sind davon besonders betroffen, da ihr Erfolg (und damit auch ihre Bezahlung) häufig im Verhältnis zu einem Vergleichsindex gemessen wird. Zusätzlich nähren diese Käufe dann die Rallye, was wieder weitere Käufer anzieht und so weiter.
Und damit ist dann der „Kaufdruck“ da, den ein Experte von n-tv ausgemacht zu haben meint.
Foolishes Investieren geht anders
An dieser Stelle ist es wichtig, sich zurückzulehnen und durchzuatmen. Wir Foolishen Anleger kaufen nämlich keine Märkte, keine Wertpapier-Kennnummern oder keine Tickersymbole. Wir kaufen Anteile an erstklassigen Unternehmen und wollen diese über einen langen Zeitraum halten, um dadurch an Wertzuwächsen zu partizipieren.
Dennoch, und das gebe ich gerne zu, ist es schwierig, sich dem dauernden Feuer der Medien zu entziehen. Gerade wenn eine Rallye ins Haus steht und vermeintlich schnelle und einfache Gewinne winken, solltest du aber einen kühlen Kopf bewahren und an die Prinzipien der Fools denken.
Vor allem wollen wir Aktien dann kaufen, wenn der Preis attraktiv ist und wir auf lange Sicht von dem Unternehmen überzeugt sind. Bei dieser möglichen Rallye geht es aber nur um kurzfristige Gewinne, die ebenso schnell wieder verpufft sein können.
Deshalb ist es manchmal besser, das schwarze Schaf in der Herde zu sein.
Warren Buffett trifft es wieder genau
Am besten bringt es, gerade in diesem Zusammenhang, ein Zitat von Warren Buffett auf den Punkt. Es handelt sich dabei um eine der drei zentralen Lektionen aus „The Intelligent Investor“, dem Buch seines Lehrmeisters Benjamin Graham, der als der Vater des Value Investing gilt:
Der Markt soll dir dienen und dir keine Anweisungen erteilen.
Das ist perfekt für uns Fools: Auf der einen Seite ein dienender Markt, der uns von Zeit zu Zeit gute Kaufgelegenheiten beschert. Und auf der anderen Seite lassen wir uns keine Anweisungen erteilen: Wir kaufen nicht blind irgendwelche Aktien, nur weil „der Markt“ oder die Medien das uns gerade einreden wollen. Sondern wir kaufen genau die Aktien, die wir kaufen möchten, und kaufen die Aktien dann, wenn wir es für richtig halten.
Und mit guter Recherche und Geduld klappt es dann auch mit den langfristigen Gewinnen.
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