Zwei unerwartete Zahlen, auf die man im Quartalsbericht von Johnson & Johnson achten sollte
Die Zeit der Quartalsberichte ist gekommen, und das bedeutet vor allem eines: Johnson & Johnson (WKN:853260) startet die Zahlenveröffentlichungen des Pharma-Bereiches.
Am Dienstagmorgen, den 18. Juli, veröffentlichte J&J die Ergebnisse des zweiten Quartals, und konnte damit den Trend der besser als erwarteten Gewinne und niedriger als erwarteten Umsätze bestätigen.
Das zweite Quartal nach Zahlen
Im letzten Quartal meldete das Unternehmen weltweite Umsätze in Höhe von 18,84 Milliarden US-Dollar, was einen Anstieg um 1,9 % verglichen mit dem Vorjahresquartal darstellt. Gleichzeitig ist es ein Anstieg um 2,9 % ohne Währungsschwankungen. Im Vergleich dazu hatte die Wall Street 18,97 Milliarden US-Dollar erwartet.
Das Unternehmen meldete einen Gewinn pro Aktie von 1,83 US-Dollar und konnte damit die Konsensschätzung der Wall Street um 0,03 US-Dollar überbieten. J&J konnte damit jeweils die Schätzungen der Wall Street der letzten drei Jahren überbieten. Das Unternehmen erhöhte auch den Gewinnausblick auf 7,15 bis 7,22 US-Dollar. Zuvor war man noch von 7 bis 7,15 US-Dollar pro Aktie ausgegangen. Johnson & Johnson war schon immer sehr konservativ beim Gewinnausblick, daher ist das keine große Überraschung.
Es ist auch nicht schockierend, dass sich die Wall Street und die Investoren dazu entschlossen haben, sich auf die wichtigsten Zahlen zu konzentrieren. Diese erzählen uns aber nicht die ganze Geschichte über das zweite Quartal. Hier sind nun fünf Zahlen, die mehr aussagen.
1. Die Pharma-Umsätze in den USA: minus 2,6 %
Weltweit gesehen und währungsbereinigt konnte das Segment Pharma, das der größte Wachstumstreiber mit den dicksten Margen ist, um 1 % steigen. Dieses Wachstum lag aber an höheren Umsätzen im Ausland. Innerhalb der USA fielen die Pharma-Umsätze um 2,6 % und machten 46 % der Gesamtumsätze des zweiten Quartals aus.
Warum gibt es hier Probleme? Im Folgenden werden wir etwas genauer darauf eingehen, doch die Kurzfassung ist, dass ältere Medikamente immer mehr Wettbewerb von Generika, Biosimilars und neuen Markennamen bekommen.
Der Einbruch der einheimischen Pharma-Umsätze ist ein wichtiger Grund, warum Johnson & Johnson bei Fusionen und Übernahmen so aktiv ist. Normalerweise kauft das Unternehmen andere Unternehmen mit kleiner und mittlerer Marktkapitalisierung, dieses Mal blätterte J&J jedoch für das Schweizer Pharmaunternehmen Actelion 30 Milliarden US-Dollar in cash hin. Das Management zählt auf das Umsatzwachstum der Medikamente von Actelion gegen pulmonal-arterielle Hypertension, um die Schwäche des gereiften Medikamentenportfolios auszugleichen.
2. Die Umsätze von Remicade in den USA: minus 13,9 %
Einer der größten Rückschläge waren für J&J die Verluste auf dem einheimischen Markt bei Remicade. Während des letzten Quartals fielen die Umsätze weltweit um 13,6 % auf operativer Basis auf 1,53 Milliarden US-Dollar. In den USA fielen sie sogar um 13,9 % auf 1,06 Milliarden US-Dollar. Woher kommt dieser plötzliche Einbruch? Hier können wir die Schuld nicht auf die Generika schieben. Stattdessen liegt es an der Markteinführung von Inflectra, einem Biosimilar, das praktisch eine Kopie eines biologischen Medikamentes darstellt, das Celltrion an Pfizer (WKN:852009) lizenziert hat.
Pfizer brachte Inflectra letzten November auf den Markt, und zwar um 15 % günstiger als Remicade. Die anfängliche Reaktion auf den Umsatz von Remicade war im ersten Quartal noch minimal, doch jetzt sehen wir immer größere Auswirkungen. Bei einer vergleichbaren Wirksamkeit scheinen die Kunden und Ärzte Inflectra lieber zu nehmen. Damit steht das Management von Johnson & Johnson jetzt vor der schweren Entscheidung, ob es ebenfalls den Preis senken sollte.
Aktuell sollten die Investoren erwarten, dass sich die Umsätze von Remicade weiterhin abschwächen werden.
3. Die Umsätze von Invokana in den USA: minus 26,4 %
Eine vielleicht noch größere Enttäuschung als die zweistelligen Einbrüche bei Remicade ist die anhaltende Schwäche des Typ-2-Diabetes-Medikaments Invokana. Obwohl die internationalen Verkäufe des Medikamentes im zweiten Quartal um 4 Millionen US-Dollar auf 39 Millionen US-Dollar steigen konnten, fielen die Umsätze in den USA um 26,4 % auf 256 Millionen US-Dollar. Für das Gesamtjahr sind die Invokana-Umsätze in den USA um 22 % niedriger.
Was ist hier eigentlich los? Wenn wir bedenken, dass die Umsätze in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen gefallen sind, dann glaube ich, dass hier nicht Schwierigkeiten mit dem Inventar verantwortlich sind. Es scheint eine Folge der wachsenden Konkurrenz im Bereich SGLT-2-Hemmer zu sein sowie scheint es an neuen Daten bezüglich der führenden Diabetes-Medikamente von J&J zu liegen.
Für diejenigen, die sich nicht daran erinnern: Obwohl Johnson & Johnson mit Invokana positive langfristige kardiovaskuläre Ergebnisse in den CANVAS- und CANVAS-R-Studien erzielen konnten, die sogar die Konkurrenzprodukte von Eli Lilly und Boehringer Ingelheim übertreffen konnten, führte Invokana jedoch in zwei langfristigen Studien zu einem erhöhten Risiko von Fuß- und Beinamputationen. Die potentiell sichereren Medikamente von Lilly und Boehringer könnten zusammen mit anderen SGLT-2-Hemmern die Umsätze von Invokana nach unten ziehen.
4. Die Umsätze von Darzalex: plus 176,9 %
Andererseits meldete das Unternehmen im zweiten Quartal auch überragende Zahlen aus dem Bereich Onkologie. Hier wären besonders das Medikament Darzalex gegen multiples Myelom und das Blutkrebsmedikament Imbruvica zu erwähnen.
Im letzten Quartal stiegen die weltweiten Umsätze von Darzalex um unglaubliche 177 % auf 299 Millionen US-Dollar und stehen in den ersten sechs Monaten 2017 jetzt bei 554 Millionen US-Dollar. Ausgehend von diesen Zahlen ist Darzalex auf einem guten Weg, dieses Jahr mehr als 1,1 Milliarden US-Dollar Umsatz zu machen. Noch interessanter ist aber, dass Darzalex gerade einmal an der Oberfläche gekratzt hat. Das Medikament könnte nämlich noch für andere Behandlungen innerhalb der Bereiche multiples Myelom und Krebsbehandlung zugelassen werden.
Konsequentes Wachstum sieht man auch bei Imbruvica, wo sich Johnson & Johnson die Umsätze mit AbbVie teilt, das Pharmacyclics gekauft hatte – das Unternehmen, das Imbruvica im Jahr 2015 entdeckt hatte. Die vierteljährlichen Umsätze von J&J erreichten 450 Millionen US-Dollar weltweit, was einem Anstieg um 55 % auf operativer Basis entspricht.
Kurz gesagt bleibt die Onkologie das stärkste Pharma-Segment von Johnson & Johnson.
5. Gerichtskosten: minus 17,8 %
Schließlich möchten wir noch die Gerichtskosten für das zweite Quartal im Jahresvergleich erwähnen. Bei Unternehmen wie Johnson & Johnson treten Gerichtskosten normalerweise schubweise auf. Diese fielen im zweiten Quartal um 107 Millionen US-Dollar bzw. 17,8 % und im Jahresvergleich um 173 Millionen US-Dollar.
Oberflächlich gesehen sind das großartige Neuigkeiten, weil J&J damit höhere Margen und Gewinne erzielt. Das war aber noch nicht alles. Geringere Gerichtskosten deuten zumindest für den Autor dieses Textes an, dass das Unternehmen die Probleme jetzt endlich hinter sich lassen konnte. Gerichtsverfahren wegen fehlerhaften Hüftimplantaten und Eierstockkrebs scheinen nur kurzfristige Auswirkungen auf den Umsatz und das Markenimage zu haben.
Unterm Strich
Es war wieder einmal ein vernünftiges Quartal für Johnson & Johnson. Mit Ausnahme der Rückgänge bei Invokana und Remicade gab es hier keine besonderen Überraschungen. Das Portfolio von Actelion und Abbott Medical Optics sollten die Bereiche Augenpflege und Pharma von J&J wieder ins Lot bringen. Es gab keine Warnhinweise dafür, dass sich die Investoren langfristig Sorgen machen sollten.
Die große Frage bleibt, was Johnson & Johnson als nächstes kaufen möchte. Wird das Unternehmen zu seiner alten Strategie zurückkehren und kleinere Pharmaunternehmen kaufen und erstklassige Therapien lizenzieren oder wird es ein weiteres großes Unternehmen wie Actelion kaufen? Wir werden sehen.
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The Motley Fool hält und empfiehlt Johnson & Johnson.
Dieser Artikel wurde von Sean Williams auf Englisch verfasst und am 19.07.2017 auf Fool.com veröffentlicht. Er wurde übersetzt, damit unsere deutschen Leser an der Diskussion teilnehmen können.