RWE unter Zugwang: Diese 4 Rivalen planen Grünstrominvestitionen in Höhe von über 100 Mrd. Euro

Kaum zu glauben: Die Aktie der Resterampe RWE (WKN: 703712) hat sich seit Herbst 2015 glatt verdreifacht. Nun startet die „neue RWE“ als ein führender Betreiber von Windfarmen und Solarparks und ich habe mich mal umgeschaut, was die Konkurrenz so treibt.
Dabei bin ich auf eine erstaunliche Zahl gestoßen: Allein vier der großen Rivalen haben Investitionsmittel im Umfang von über 100 Mrd. Euro bereitgestellt. Kann RWE da mithalten?
Was RWE plant
E.ON (WKN: ENAG99) übernimmt jetzt alle Vermögensgegenstände von Innogy und reicht sämtliche Aktivitäten im Bereich der großtechnischen regenerativen Energieerzeugung an RWE weiter. Damit wird aus der Kohle-und-Atom-Holding wieder ein zukunftsweisendes Unternehmen. Auf einen Schlag wird es zum weltweit zweitgrößten Offshore-Windbetreiber und zum drittgrößten Spieler, was die installierte erneuerbare Kapazität in Europa angeht.
Offensiv will RWE seine Erzeugungskapazitäten ausbauen: allein schon in den USA liegen 8 Gigawatt (GW) an Onshore-Windprojekte in der Pipeline. Netto, also nach Abzug von etwaigen Verkäufen, sollen 1,5 Mrd. Euro in neue Anlagen investiert werden, sodass zumindest volumenmäßiges Wachstum auf viele Jahre hinaus programmiert ist.
Bis Ende 2025 summieren sich die Investitionen voraussichtlich auf rund 10 Mrd. Euro – hört sich im ersten Moment nach richtig viel an, oder? Aber genügt es, um den Anschluss an die Spitze zu halten?
Was die Konkurrenz plant
Es hat sich herumgesprochen, dass Windfarmen inzwischen auch ohne staatliche Subventionen mehr Rendite abwerfen als Staatsanleihen und dass sich gut geführte Unternehmen mit solider Bilanz Geld zum Nulltarif besorgen können. Da kann es kaum verwundern, dass die gesamte Branche Morgenluft wittert und alle Hebel in Richtung Wachstum umlegt.
Die itialienische Enel (WKN: 928624) will schon im laufenden und den beiden kommenden Jahren 10,6 Mrd. Euro in die Hand nehmen, was in etwa einer doppelt so hohen Expansion wie bei RWE entspricht. Die Sparte Enel Green Power, die Nummer 2 in Europa vor RWE, fokussiert sich vor allem auf Wasserkraft, Onshore-Wind und Solar in Regionen Amerikas, in West- und Südeuropa sowie ausgewählten weiteren Ländern.
Was sich schon ziemlich beeindruckend anhört, wird von der Nummer 1 aus Spanien bei weitem übertroffen: Iberdrola (WKN: A0M46B) hat auf dem Kapitalmarkttag im Februar verkündet, dass man den Investitionsplan für den Zeitraum 2018 bis 2022 auf 34 Mrd. Euro aufstocken und auch darüber hinaus mit aller Macht den Ausbau vorantreiben will. Der Vorteil des Versorgers besteht darin, dass er über wertvolle andere Vermögensgegenstände verfügt, die Gewinne abwerfen, und über deren Verkauf die Feuerkraft erhöht werden kann.
Ganz ähnlich sieht es bei Ørsted (WKN: A0NBLH) aus. Der dänische Offshore-Windchampion will seine Kapazitäten bis 2025 von aktuell 5,6 GM auf bis zu 12 GW mehr als verdoppeln und insgesamt 200 Mrd. Dänische Kronen (27 Mrd. Euro) für das grüne Wachstum einsetzen. Bis 2030 sollen sogar über 30 GW betrieben werden.
Für manche vielleicht überraschend ist, dass es auch in den USA einen Giganten gibt, der ein deutlich größeres Erneuerbare-Energien-Portfolio als die neue RWE hat. NextEra Energy (WKN: A1CZ4H) hat beherzt die Chancen ergriffen, die sich aus den stark reduzierten Anlagenkosten und der öffentlichen Förderung ergeben haben. Im September wurden weitere 1,5 Mrd. US-Dollar eingesammelt, um die schnelle Expansion finanzieren zu können.
Die Marktkapitalisierung liegt am 27.09.2019 bei 113 Mrd. US-Dollar, was die schiere Größe dieser Gruppe aufzeigt. Entsprechend fallen die geplanten grünen Investitionen aus: Sie belaufen sich auf rund 5 Mrd. US-Dollar pro Jahr. Um mehr als 10 GW sollen die Wind- und Solarkapazitäten zwischen 2019 und 2022 erweitert werden und darüber hinaus soll es rasant weitergehen.
Muss RWE noch nachlegen?
Während RWE mit 1,5 Mrd. Euro pro Jahr plant, sind es bei einigen Rivalen mehr als dreimal so viel. Möglicherweise profitieren diese in Zukunft von Größenvorteilen, die einen gewissen Margenvorteil bringen, womit sie RWE wiederum unter Druck setzen könnten. Denn je härter der Kampf um die besten Projekte, desto spitzer müssen diese kalkuliert werden.
Von daher könnte ich mir gut vorstellen, dass das Management nach Abschluss der E.ON-Transaktion noch mal in sich geht und die Ambitionen noch etwas höher ansetzt, um nicht abgehängt zu werden. Kapital wird praktisch umsonst bereitgestellt und die Energiewende kann gar nicht schnell genug gehen. Wenn ich daran denke, dass die zunehmende Sektorkopplung ganz neue Verwertungsmöglichkeiten für den erzeugten Strom eröffnet, dann meine ich, dass RWE schon noch eine Schippe drauflegen könnte.
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Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien.
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