5 Turnaround-Chancen im Kurzcheck: Silber, RWE, Brasilien, K+S, Agrar
Im Moment sind ungewöhnlich viele unterschiedliche Preise auf einem tiefen Niveau. Dort wo der Trend nach oben dreht, werden mutige Anleger reich belohnt. Fünf solcher Turnaround-Chancen stelle ich Dir im Folgenden kurz mit den wichtigsten Pro- und Contra-Argumenten vor.
Brasilien
Das einst stolze Mitglied der sogenannten BRIC-Staaten steckt nun schon seit mehreren Jahren in einer Krise. Da viele Unternehmen aus der deutschsprachigen Region im größten Land Südamerikas stark investiert sind, sollten vorausschauende Investoren hier achtsam sein.
Neben den Schwächen der politischen Führung sind die niedrigen Preise für Rohstoffe ein wichtiger Faktor. Gut möglich, dass viele davon in der zweiten Jahreshälfte nach oben drehen. Dann verbessern sich die Perspektiven erheblich und derzeit vielerorts brachliegende Infrastrukturinvestitionen würden wahrscheinlich schlagartig nachgeholt.
Schwieriger zu bewerten ist eine zweite wichtige Säule der brasilianischen Wirtschaft, der Tourismus, welcher insgesamt rund 10 % zur Wirtschaftsleistung beiträgt. Die Fußball-WM und die anstehenden Olympischen Spiele haben das Land modernisiert und sorgen für weltweite Aufmerksamkeit. Günstiges Kerosin und eine abgewertete Währung verbilligen Fernreisen für europäische Urlauber. Andererseits sorgen Meldungen von Abwasser-Kloaken und Zika-Virus für Verunsicherung bei den Reiselustigen.
Ich erwarte, dass sich das Bild bis zum Jahresende insgesamt aufhellt und dann interessante Chancen bietet. Solange sich das politische Umfeld nicht stabilisiert, besteht aber aus Anlegersicht noch kein Handlungsbedarf.
Silber
Silber ist eines der interessantesten Edelmetalle, da es sowohl in der Schmuckindustrie als auch für Haushaltswaren und im Elektronik-Sektor eine wichtige Rolle spielt. Solarzellen sind eine zentrale Anwendung, wobei dort einem sich verringernden Anteil pro Zelle eine weitere Ausweitung der Modulproduktion entgegensteht.
Im Jahr 2011 wurden noch über 40 USD pro Unze bezahlt, heute nur noch gut 14 (27.1.). Das hört sich erst mal billig an, wobei allerdings zu beachten ist, dass die Unze Anfang des letzten Jahrzehnts lediglich rund 5 USD wert war. Silber war also schon mal dreimal teurer aber auch dreimal billiger in den letzten 20 Jahren.
Die vielbeachtete Edelmetallprognose des Spezialisten Heraeus sieht ganz gute Chancen für höhere Notierungen in den kommenden Monaten, unter der Voraussetzung, dass es bei Großverbraucher China keine Turbulenzen gibt. Eine gute Möglichkeit, hierauf zu setzen, stellen auf den Silberbergbau spezialisierte Fonds dar.
RWE (WKN:703712)
Seit der Nuklearkatastrophe von Fukushima vor knapp 5 Jahren hat die RWE-Aktie rund 75 % ihres Wertes verloren (Schlusskurs 27.1.). Mit dem Atomausstieg und weiteren ungünstigen Entwicklungen wurde der früher hochprofitable Konzern im Kerngeschäft hart getroffen. Wer sich an die guten alten Zeiten erinnert, mag sich da fragen, ob diese jemals wieder zurückkommen.
Die Unsicherheit ist deutlich zu spüren, tägliche Ausschläge von über 5 % nach oben und unten sind an der Tagesordnung. Die Analysten der Banken sind sich auch völlig uneinig. Zuletzt riet die HSBC mit Verweis auf politische Risiken zum Reduzieren.
Ich denke aber, dass die in 12 europäischen Ländern vertretene RWE die negativen Entwicklungen mittlerweile verdaut haben müsste und mit der aktuellen Reorganisation auf einem guten Weg ist. Wenn in den kommenden Quartalsberichten keine zusätzlichen Schreckensmeldungen verkündet werden, wird ein nachhaltiger Turnaround realistisch.
Euro
Während die Gemeinschaftswährung sich bis Ende 2014 lange Zeit meist in einer breiten Spanne zwischen 1,25 und 1,50 zum Dollar bewegte, kam es dann zu einem jähen Absturz auf unter 1,10. Einige Kommentatoren, darunter auch Deutsche Bank Chef-Anlagestratege Dr. Ulrich Stephan in seinem Jahresausblick 2016, sind der Meinung, dass es weiterhin nur in eine Richtung weitergehen kann, weil die US-Notenbank mittlerweile eine restriktivere Politik verfolgt als die europäische.
Aber das erscheint zu kurz gedacht, schließlich werden verfügbare Informationen im aktuellen Kurs sekündlich verarbeitet. Bilanzdefizite oder die übermäßige Verschuldung von Bund, Einzelstaaten und Puerto Rico sind zwei Themen, die den Dollar auf Jahressicht möglicherweise belasten werden. Ein wichtiger Unsicherheitsfaktor sind auch die größten Dollar-Gläubiger Japan und China, welche jederzeit US-Staatsanleihen auf den Markt werfen könnten.
Während das langsame Abdriften in Richtung Parität zum Dollar für viele Analysten das bevorzugte Szenario ist, besteht auf der anderen Seite das Potenzial für ein beachtliches Comeback des Euro, unter der Voraussetzung, dass sich die Peripheriestaaten weiter stabilisieren.
Agrarrohstoffe
Quer durch die Bank sind die Preise für Grundnahrungsmittel eingebrochen. Vor allem landwirtschaftliche Großbetriebe in Südamerika sind davon stark betroffen und fragen weniger Düngemittel nach; K+S (WKN:KSAG88) meldet geringere Kali-Umsätze.
Zumindest die Konsumenten freuen sich über die niedrigen Preise, in vielen Entwicklungsländern hat das reduzierte Preisniveau oft sogar ganz existenzielle Auswirkungen. Hilfsorganisationen, die bei steigenden Preisen auf Spekulanten und Biosprithersteller eingeprügelt haben, halten sich nun interessanterweise zurück.
Die langfristige Zeitreihe des Nahrungsmittelpreisindexes der Welternährungsorganisation zeigt allerdings auch, dass wir es hier eher mit einer Normalisierung zu tun haben, nachdem vor fünf bis zehn Jahren die Preise sehr stark nach oben geschossen sind.
Für die zukünftige Entwicklung sind Wetterkapriolen, Bodenerosion, Wasserknappheit und Bevölkerungswachstum starke Faktoren, welche die landwirtschaftliche Produktion tendenziell verteuern und die Nachfrage erhöhen. Dem entgegen wirken zunächst die Verfügbarkeit von verbessertem Saatgut sowie intelligentere Technologie zur Senkung von Kosten und Risiken.
Insgesamt könnte eine Investition in Agrarrohstoffe oder entsprechende Unternehmen zum jetzigen Zeitpunkt eine gute Depotbeimischung darstellen, da dieser Markt weniger als andere Branchen von der weltweiten Konjunktur abhängt.
Fazit
Wer immer nur mit dem Trend investiert, verpasst die besten Chancen. Allerdings zeigt sich, dass jede Turnaround-Chance auch mit erheblichen Risiken verbunden ist. Zukünftige Umfeldentwicklungen, die wir kaum beeinflussen oder vorhersagen können, haben oft wesentlichen Einfluss darauf, ob es weiter bergab geht oder ein großes Comeback eingeläutet wird.
Das Schöne an dieser Strategie ist das gute Gefühl, billiger einzukaufen als viele andere Investoren, die früher eingestiegen sind. Auf alle Fälle empfiehlt es sich aber, seinen Einsatz zu streuen, um nicht auf dem falschen Fuß erwischt zu werden.
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Ralf Anders hält keine Wertpapiere genannter Unternehmen. The Motley hält keine Wertpapiere genannter Unternehmen.