Der CFO von General Electric verlässt das Unternehmen. Ist das ein Grund zur Panik?
Die Nachricht, dass der CFO von General Electric (WKN:851144), Jeff Bornstein, Ende des Jahres ausscheiden wird, überraschte den Markt. Sollten sich die Anleger Sorgen machen? Immerhin ist Bornstein mit 28 Dienstjahren bei GE ein Industrie-Veteran. Daher könnte sein Abgang ein ganz natürlicher Schritt sein.
Ich denke jedoch, dass sein Abschied die Aufmerksamkeit der Investoren verdient. Hier ist der Grund.
Auf Wiedersehen, Immelt und Bornstein
Während die Bornstein-Ankündigung im Sinne einer natürlichen Nachfolge erklärt werden konnte, ist es erwähnenswert, dass Bornstein auch zum stellvertretenden Vorsitzenden befördert wurde, als John Flannery zum CEO aufstieg. Tatsächlich sollte er eng mit Flannery zusammenarbeiten, um GE nach Jeff Immelts Abschied im August zu leiten. Es scheint klar zu sein, dass die Dinge nicht so gut geklappt haben, wie ursprünglich erwartet.
Obwohl wir nicht genau wissen, was sich geändert hat, zeigt Bornsteins Abschied eine Reihe von Fragen auf, die das Management von GE in Bezug auf die jüngste Geschichte und die Herausforderungen, die vor uns liegen, angehen muss.
Was ist schief gelaufen?
Das Management von GE hat zu wenig geliefert – man muss sich nur den fast 27-prozentigen Rückgang des Aktienkurses in diesem Jahr ansehen, um die Auswirkungen zu sehen. GE hat seine Gewinnziele pro Aktie für dieses und das nächste Jahr noch nicht formell ausgegeben, doch der Kommentar zu diesen Zielen ist immer negativer geworden. Darüber hinaus zeichnet sich eine Verschlechterung der Ergebnisse ab.
- GE verfehlte im ersten Quartal die eigenen Erwartungen zur Cashflow-Generierung deutlich um 1 Milliarde US-Dollar.
- Während der Telefonkonferenz im zweiten Quartal gab Bornstein das untere Ende der Gewinn- und Cashflow-Prognose für das Gesamtjahr als Ziel aus.
- Immelts lang gehegtes Ziel, im Jahr 2018 einen operativen Gewinn von 2 US-Dollar pro Aktie zu erzielen, liegt deutlich über dem Analystenkonsens von 1,63 US-Dollar.
Cashflow-Problem
Der erste Punkt verdient nähere Betrachtung, da GEs Probleme in diesem Jahr nicht nur darin bestanden, die Ergebniserwartungen nicht zu erfüllen – in Wirklichkeit blieben die Ergebnisse und der Ausblick in den zu Jahresbeginn gesetzten Bandbreiten.
Die Beziehung zwischen GEs Ergebnis und Cashflow beobachten die Analysten jedoch sehr genau. Im Jahr 2018 wird GE, vereinfacht ausgedrückt, eine Aktualisierung des Rechnungslegungsstandards ASU 2014-09 einführen, die sich auf die Umsatzrealisierung aus Verträgen bezieht. Auch wenn sich dies nicht auf den Umsatz im Zeitablauf auswirken könnte, könnte sich dies auf den Zeitpunkt der Umsatz- und Ergebnisrealisierung von GE auswirken. Dies kann ein Grund zur Sorge sein, weil es möglich ist, dass die jüngsten Einnahmen und Erträge von GE möglicherweise neu bewertet werden müssen – keine guten Nachrichten für Anleger, die sich bei der Bewertung von Aktien nur auf Einnahmen und Erträge konzentrieren.
Als GE im ersten Quartal einen Cashflow-Ausfall von 1 Milliarde US-Dollar meldete – davon 300 Millionen US-Dollar aus Verträgen – unterstrich es die Tatsache, dass GE Umsätze und Gewinne verbuchte, die bisher noch nicht in den Cashflow flossen.
Wo Immelt und Bornstein falsch lagen
Um fair zu sein – einige der Probleme sind nicht ganz die Schuld des GE-Managements. So kann GE zum Beispiel kaum etwas gegen die anhaltende Überkapazität auf dem Strommarkt tun – etwas, worüber der Hauptkonkurrent Siemens sehr lautstark gesprochen hat. Tatsächlich ist der Schritt von GE, den Markt durch den Kauf der Alstom-Energieanlagen zu konsolidieren, ein positiver Schritt. Die H-Turbine von GE ist außerdem ein großer Erfolg, auch wenn sie sich dem zunehmenden Wettbewerb durch Siemens ausgesetzt sieht.
Während GE für den Umgang mit einem schwierigen Strommarkt Anerkennung verdient, hat das Management aber keine gute Arbeit geleistet. Tatsächlich sieht es so aus, als seien Immelt und Bornstein in ihren Gewinnannahmen zu optimistisch gewesen. Das ist besorgniserregend, denn alle Investoren müssen sich nur ansehen, wie konservtiv andere Industrieunternehmen wie Honeywell International und Caterpillar bei ihren Prognosen vorgegangen sind.
Wird GE die Erwartungen bremsen?
In diesem Zusammenhang ist es nicht schwer zu erkennen, dass Flannerys erste bedeutsame Handlung sein könnte, den Ausblick formal zu reduzieren und die Erwartungen der Investoren zu bremsen. Sollte dies der Fall sein, könnte Bornstein mit seinem Ausscheiden die Entschlossenheit signalisieren, eine saubere Kehrtwende einzuleiten und die Glaubwürdigkeit der neuen Ergebnisziele wiederherzustellen.
Damit könnte Flannery einen positiven Wachstumstreiber für den Aktienkurs schaffen, denn GE hat einige grundlegende Wachstumsperspektiven und nicht zuletzt die Chance, durch strukturelle und Produktkostensenkungen Ertragswachstum zu generieren. Darüber hinaus könnte Flannery das Gesundheitsgeschäft veräußern.
Was kommt als nächstes für GE?
Die Investoren haben sich auf einige operative Veränderungen bei GE vorbereitet, und es sieht so aus, dass sie diese auch bekommen werden. Vorsichtige Investoren werden natürlich bis November abwarten wollen, um zu sehen, was die Ergebnisse der Portfolioüberprüfung von Flannery sein werden. Bornsteins Ausscheiden ist vielleicht ein Vorbote für bedeutende Veränderungen.
Wenn du dir eine langfristige Investition in das Unternehmen überlegst, ist es vielleicht sinnvoll zu warten, bis die Neubewertung vorbei ist und du genau darüber im Bilde bist, was Flannery plant.
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The Motley Fool hält keine der erwähnten Aktien.
Dieser Artikel wurde von Lee Samaha auf Englisch verfasst und am 18.10.2017 auf Fool.com veröffentlicht. Er wurde übersetzt, damit unsere deutschen Leser an der Diskussion teilnehmen können.