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RNA als Medikament: führende Ionis und Alnylam jetzt zum Abstauberpreis nach Pfizer-Überraschung?

Wissenschaftler
Foto: Getty Images

Pfizer (WKN:852009) überraschte kürzlich mit positiven Phase-3-Daten von Tafamidis gegen Transthyretin-(ATTR-)Amyloidose, die so niemand erwartet hätte. Bisher waren Ionis Pharmaceuticals (WKN:A2ACMZ) und Alnylam Pharmaceuticals (WKN:A0CBCK) in einem Kopf-an-Kopf-Rennen um das erste Medikament gegen diese seltene und schwere Erkrankung führend. Diese Nachricht aber schickte beide Aktien auf Talfahrt, sodass sich ein guter Einstiegspunkt ergeben könnte, denn ihre Technologien sind bahnbrechend und die Pipelines prall gefüllt.

RNA als Medikament

Unsere Gene liegen in Form von DNA im Zellkern, wo Enzyme diese DNA nutzen, um sie als Vorlage unter anderem zur Produktion von Proteinen zu verwenden. Dazu wird die DNA in eine messenger RNA (mRNA) umgeschrieben, die Ribosomen dann nutzen, um anhand des genetischen Codes Aminosäuren aneinanderzuhängen und so Proteine zu produzieren.

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Proteine an sich sind oft ursächlich an Krankheiten bzw. deren Symptomen beteiligt, sodass sich deren gezieltes Ausschalten als Vorteil erweisen kann. Dazu können beispielsweise Antikörper eingesetzt werden, die aber bestimmte Limitierungen haben, indem sie z. B. nur an Membranproteine binden können. Deshalb war die Entdeckung der RNA-Interferenz (RNAi), für die 2006 der Nobelpreis verliehen wurde, eine Sensation.

Überraschend wurde festgestellt, dass RNA z. B. im Menschen durch Bindung an mRNA die Produktion eines bestimmten Proteins stilllegen kann. Ganz wichtig sind solche RNAs bei Angriffen von Viren wie Polio oder Hepatitis A, deren Erbinformation auf RNA basiert. Dann binden nämlich spezielle kurze RNAs an die Virus-RNA und blockieren damit deren Vermehrung.

Heute gibt es grundsätzlich zwei Verfahren in der klinischen Entwicklung von Medikamenten, die im Folgenden kurz veranschaulicht werden. In Abbildung 1 bindet eine Antisense-RNA an die mRNA, sodass diese nun blockiert und damit nicht mehr von Ribosomen zur Proteinproduktion abgelesen werden kann. Nach Bindung der Antisense-RNA wird eine zelluläre RNAase aktiviert, die nun dieses Hybrid aus mRNA und komplementärem Antisense-Strang abbaut und damit inaktiviert.

Abb. 1: Dr. Stefan Graupner

In Abbildung 2 wird die Wirkung von siRNA (small interfering RNA) gezeigt, die doppelsträngig in die Zelle gelangt und dort zu einem Einzelstrang abgebaut wird. Diese siRNA bindet dann an das passendes Gegenstück der mRNA im sogenannten RISC (RNA-induced silencing complex), an dem weitere Proteine beteiligt sind. Die mRNA wird dort zerschnitten und damit inaktiviert, sodass kein Protein daraus gebildet werden kann.

 

Abb. 2: Dr. Stefan Graupner

Das Grandiose beider Technologien ist ihre universelle Anwendbarkeit und relativ einfache Synthese des RNA-Medikaments. Es hat allerdings lange gedauert, bis man Probleme wie Stabilität oder Immunogenität durch gezielte chemische Veränderungen in den Griff bekommen hat.

Ionis ist Antisense-Champion

Ionis hat den Schwerpunkt bisher auf die Antisense-Technologie wie in Abbildung 1 beschrieben gelegt. Aus diesem Wissensvorsprung bei Antisense-RNA resultierte dann auch das wichtige Medikament Spinraza in Zusammenarbeit mit Partner Biogen (WKN:789617) gegen die Spinale Muskelatrophie.

Diese Muskelschwäche zählt zu den häufigsten genetisch bedingten Todesursachen bei Säuglingen, und Spinraza ist das erste zugelassene Medikament für diese Indikation, das dringend als Lebensretter erwartet wurde.

Bald folgen könnten Zulassungen für Inotersen gegen die Transthyretin-(ATTR-)Amyloidose, die dann im Wettbewerb zu Tafamidis von Pfizer antreten wird. Weniger Wettbewerb wird der erwarteten Zulassung von Volanesorsen entgegentreten, das gegen das familiäre Chylomikronämie-Syndrom wirkt.

Hierbei handelt es sich um eine seltene Erbkrankheit, bei der durch ein fehlendes Enzym nicht genügend Fette im Blut abgebaut werden können. Volanesorsen bindet an die mRNA eines für den Fettstoffwechsel wichtigen Regulatorproteins und führt damit zu geringeren Fettkonzentrationen im Blut.

Sowohl Inotersen als auch Volanesorsen werden von der Tochter Akcea Therapeutics (WKN:A2DUYE) vermarktet werden, sodass Forschung und Entwicklung sowie Sales und Marketing sinnvoll getrennt sind.

Darüber hinaus hat Ionis weitere 16 Wirkstoffe in der klinischen Phase II und namhafte Partner wie Roche, Biogen, Bayer, AstraZeneca und GSK an Bord. Das hat gute Gründe, denn Ionis hat viele Patente auf die chemische Modifikation der Antisense-RNA, die notwendig sind, um Stabilität, Wirksamkeit und Immunogenität zu beeinflussen.

Alnylam ist siRNA-Champion

Was Ionis in der Antisense-RNA-Welt ist, ist Alnylam für die siRNA-Gemeinschaft, denn das Unternehmen hat hier Unmengen an Patenten, um die niemand herumkommt. Und wirklich spannend wird es bald, denn mit Patisiran gegen Transthyretin-(ATTR-)Amyloidose könnte bald das erste auf RNAi basierende Medikament zugelassen werden. Und Alnylam besitzt selbst alle Rechte darauf.

In später Phase befindet sich Givosiran gegen die Akute Intermittierende Porphyrie (AIP). Wie Patisiran auch hat Givosiran die wichtige Breakthrough Designation für den schnelleren Zulassungsprozess bei Krankheiten mit hohem medizinischen Bedarf erhalten. Auch hier besitzt Alnylam alle Vermarktungsrechte selbst.

Inclisiran gegen Hypercholesterinämie ist zusammen mit The Medicines Company (WKN:938858) in finaler Phase wie auch Fitusiran gegen Hämophilie zusammen mit Genzyme, einer Tochter von Sanofi (WKN:920657). Und gerade Hämophilie ist ein Multimilliardenmarkt, von dem Alnylam mit Tantiemen zwischen 15 und 30 % stark profitieren könnte.

Fazit

Betrachten wir nun einige Faktoren als Maßstab zum Abwägen der Attraktivität einer Investition in diese beiden Hightech-Unternehmen (siehe Tab. 1), so ergibt sich für mich ein klares Fazit.

Ionis Alnylam
Marktkapitalisierung

(Stand 9.4.2018)

4,14 Mrd. Euro 8,25 Mrd. Euro
Anzahl zugelassener Medikamente 2 0
Wirkstoffe in klinischer Phase 2 oder 3 17 4

Tab. 1: Vergleich von Ionis und Alnylam

Mit gleich vier Wirkstoffen in der späten klinischen Phase hat Alnylam zwar viel Potenzial, aber eben auch viel Wettbewerb bei Transthyretin-(ATTR-)Amyloidose, Hämophilie als auch Hypercholesterinämie. Damit scheint die Bewertung doch recht hoch, und ein Flop bei einer der Entwicklungen könnte drastische Auswirkungen auf die Aktienkursentwicklung haben.

Ionis hat mit zwei zugelassenen Medikamenten schon seine Technologie unter Beweis gestellt und ist nur ca. halb so hoch bewertet wie Alnylam. Was mir gut gefällt, ist die prall gefüllte Pipeline mit einem guten Mix aus hochkarätigen Partnerschaften mit großen Pharmafirmen sowie einigen eigenen interessanten Programmen gegen beispielsweise das Tau-Protein bei Alzheimer.

Ich halte beide Biotechs für extrem interessant, würde mich in diesem Fall aber derzeit für Ionis entscheiden, da hier das Chance-Risiko-Verhältnis attraktiver erscheint.

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Stefan Graupner besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Alnylam Pharmaceuticals und Ionis Pharmaceuticals. The Motley Fool empfiehlt Biogen.



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