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Pharma-Aktien: Krise durch Krebs-Skandal?

Biotech Forschung
Foto: Getty Images

Noch sind nicht alle Details vollumfänglich geklärt. Doch wenn sich die Informationen bewahrheiten, stehen Patienten in Europa, Kanada und den USA nach meiner Einschätzung vor einem der größten Pharma-Skandale der letzten Jahrzehnte.

Konkret geht es um den Blutdrucksenker Valsartan, dessen Wirkstoff insbesondere zahlreiche Generika-Hersteller in Deutschland vom chinesischen Vorlieferanten Zhejiang Huahai Pharmaceutical bezogen haben.

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Laut Medienberichten soll der Hersteller bereits im Jahr 2012 – vermutlich um die Ausbeute des Wirkstoffs zu steigern und damit höhere Umsätze zu generieren – den Syntheseweg für die Herstellung geändert haben. Dabei gerieten wohl unbemerkt hochgiftige, krebserregende Nitrosamine (NDMA) in das Produkt.

Ein spanisches Pharma-Unternehmen deckte den Fall kürzlich eher zufällig auf. Das Zentrallabor deutscher Apotheker nahm schließlich Stichproben und fand dabei bis zu 22 Mikrogramm NDMA pro Tablette. Das entspräche einer Dosis, die beim Konsum von zehn Kilogramm gepökeltem Fleisch pro Tag entstehen würde.

Welche Pharma-Aktien stehen nun unter Druck?

Nicht alle Generika-Hersteller mit Valsartan-Produkten werden an der Börse gehandelt. Unter den Betroffenen ist aber auf jeden Fall der deutsche Hersteller STADA Arzneimittel (WKN:725180), der seine Tabletten bereits aus den Apotheken zurückgerufen hat.

Die US-Arzneimittelbehörde FDA gab im Juli ebenfalls den Rückruf einiger Produkte bekannt, darunter unter anderem Valsartan von Teva (WKN:883035), Major Pharmaceuticals und Solco Healthcare.

Aktuell ist zudem die europäische Arzneimittelbehörde EMA mit dem Umstand betraut. Ein detailliertes Risikobewertungsverfahren soll nun klären, welche langfristigen Auswirkungen die jahrelange Aufnahme des Mittels bei Patienten haben kann.

Bisher gab es keine negativen Auswirkungen für die STADA-Aktie, wobei diese nach der Teilübernahme durch Bain und Cinven eine generell komplexe Dynamik hat. Interessant werden sicherlich die nun folgenden Ergebnisse aus den Untersuchungen von EMA und FDA bezüglich der Langzeitfolgen für Patienten sein.

Neben möglichen Schadensersatzforderungen bleibt aber auch die generelle Frage, wie es mit Valsartan weitergeht. Ob Ärzte das Medikament noch verschreiben oder die Herstellung von Wirkstoffen in China aufgegeben werden muss, sollte ebenfalls eine zentrale Frage für alle betroffenen Generika-Hersteller sein.

Novartis und Mylan dürften profitieren

Fakt ist auch, dass betroffene Blutdruck-Patienten nun auf andere Medikamente umsteigen müssen. Valsartan-Hersteller, die ihren Wirkstoff also nicht bei dem chinesischen Vorlieferanten bezogen haben, werden in den kommenden Wochen und Monaten wohl mit steigenden Umsätzen rechnen können, da die Apotheken nun für Ersatz sorgen müssen.

Unter den Gewinnern könnte dabei meiner Einschätzung nach Novartis (WKN:907122) sein. Dessen Produkte – zum Beispiel Codiovan, Diovan – werden nach Angaben des Unternehmens ausschließlich in konzerneigenen Werken in der Schweiz und Irland hergestellt.

Da es in Deutschland aktuell nur sehr niedrige Festpreise für Valsartan gibt, spielen die Produkte bei einem Gesamtumsatz von 52 Milliarden US-Dollar nur eine untergeordnete Rolle. Durch den Wegfall zahlreicher Generika gibt es keine wirkliche Konkurrenz mehr auf dem Valsartan-Markt, wodurch eventuell eine Chance zu deutlichen Erhöhungen der Festpreise besteht.

Auch der niederländische Arzneimittelhersteller Mylan (WKN:A14NYH) könnte in geringem Umfang von den Rückrufen im Bereich der Generika-Hersteller profitieren. Bei einem Gesamtumsatz von 12 Milliarden US-Dollar werden die tatsächlichen Auswirkungen auf das Geschäft aber auch eher gering sein.

Allerdings sollten sich auch die Novartis-Aktionäre nicht zu früh freuen. In Deutschland bestimmen insbesondere die gesetzlichen Krankenkassen über das Pharma-Budget. Während Nachahmer-Präparate aufgrund des günstigeren Preises häufig verschrieben werden, haben es die Originalhersteller vergleichsweise schwer. Es ist also durchaus möglich, dass Ärzte sich dann angehalten fühlen, alternative Wirkstoffe zu Valsartan zu verschreiben und Novartis dabei am Ende doch noch den Kürzeren zieht.

Meine Einschätzung ist, dass sowohl Novartis als auch Mylan für die nächsten Jahre vom Valsartan-Geschäft profitieren werden. Ich könnte mir hier durchaus ein Umsatzwachstum im dreistelligen Millionenbereich pro Jahr für beide Hersteller vorstellen. Ich glaube aber nicht an ein dauerhaftes Geschäft für diese Hersteller, denn die Generika-Produzenten werden versuchen, das Geschäft mit Valsartan über andere Wirkstoffzulieferer so bald wie möglich wieder aufzunehmen oder den Wirkstoff selbst in Europa zu produzieren.

Fazit: Hohes Risiko für Aktionäre

Die derzeitige Ruhe im Bereich der Pharma-Aktien ist meiner Ansicht nach trügerisch. Allein 2017 dürften nur in Deutschland laut Medienberichten bereits hunderttausende Patienten verunreinigte Valsartan-Medikamente eingenommen haben. Die Konsequenzen sind momentan überhaupt noch nicht absehbar, allerdings löste die Einnahme von Nitrosaminen im Tierversuch mit Ratten nach Auskunft des deutschen Ärzteblattes definitiv Lebertumore aus.

Der Fall wirft natürlich Fragen auf, wie sicher es ist, Wirkstoffe aus China in Medikamenten für westliche Märkte weiterzuverarbeiten. Vor allem aber wird zu klären sein, wieso Herstellern und Behörden der Skandal seit Jahren nicht aufgefallen ist. Besonders problematisch ist diese Situation für Hersteller (und deren Aktionäre), die auf dem US-Markt tätig sind. Die dortige Justiz ist allgemein dafür bekannt, in solchen Fällen sehr konsequente Urteile zu Lasten von Unternehmen zu fällen.

Stellt sich am Ende eine Mitverantwortung der Pharma-Hersteller für den Skandal heraus – und davon bin ich persönlich überzeugt – wird es zu nicht unerheblichen Schadensersatzforderungen kommen, die problemlos in den Milliardenbereich gehen können.

Und diese Konsequenzen tragen letztendlich die Aktionäre als Anteilseigner der Unternehmen, denn der Hersteller ist auch in Europa laut EU-Gesetzgebung letztendlich für sein Produkt schadensersatzpflichtig.

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Björn König besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool empfiehlt Mylan.



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