Deutsche Bank und Commerzbank fusionieren dieses Mal wirklich – oder?
Es gibt da ein Thema, das seit Jahrzehnten durch die deutsche Wirtschafts- und Börsenlandschaft geistert. Passiert ist bislang wenig, aber in regelmäßigen Abständen taucht sie wie ein Wiedergänger immer von Neuem auf: die Forderung nach einer deutschen Großbank von internationalem Format.
So groß und bedeutend die deutsche Wirtschaft seit vielen Jahrzehnten ist (denken wir nur an die Auto- und Maschinenbauer oder die Chemie), so sehr spielen die Banken international nur in der zweiten Liga. Die Deutsche Bank (WKN: 514000) war vor gut zehn Jahren auf dem Weg nach ganz oben, aber wir alle wissen, wie das endete: Viel zu riskante Geschäfte führten zu herben Verlusten, Betrügereien ruinierten den Ruf und die Kasse. Die Aktie notiert heute nahe ihres Allzeittiefs.
Die Fusion soll es richten
Mitte Januar war es die Bundesregierung, die mal wieder den Zusammenschluss zwischen den beiden größten Geschäftsbanken, Deutsche Bank und Commerzbank (WKN: CBK100), ins Spiel brachte.
Das Handelsblatt zitierte Bundesfinanzminister Olaf Scholz mit den Worten:
Wir brauchen eine nachhaltige Finanzindustrie, die global wettbewerbsfähig ist. Das ist zentral für Deutschland und Europa.
Dieses Argument höre ich nun schon seit 30 Jahren, wenn es um Fusionen im Bankensektor geht. 2008 sollte mit der Übernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank ein zweiter deutscher Riese neben der Deutschen Bank entstehen. Das Timing während der Finanzkrise rund um die Pleite von Lehman Brothers war allerdings suboptimal und letztlich musste es der Steuerzahler mit über 18 Milliarden Euro richten.
Es mag heute Gründe geben, warum ein Zusammenschluss Sinn machen könnte: das Niedrigzinsumfeld, der Preiswettbewerb mit den Onlinebanken, die immer stärker werdende Regulatorik, die IT-Probleme beider Häuser, und und und.
Meiner Meinung nach gibt es aber viel bessere Gründe, den Plan der Bundesregierung eben nicht weiterzuverfolgen:
Warum muss es eine deutsche Bank sein?
Eines der Hauptargumente für die Fusion ist, dass nur eine sehr große Bank die notwendigen Kredite für die großen DAX-Konzerne bereitstellen könne – und diese Größe hätten die Häuser derzeit nicht.
Ich finde, dass internationale Großbanken diesen Zweck ebenso erfüllen können. Die Politiker betonen doch sonst auch immer die internationale Zusammenarbeit und den europäischen Gedanken. Da leuchtet es nicht ein, warum es hier plötzlich unbedingt eine deutsche Bank sein muss. Und Größe allein ist noch kein Garant für Erfolg.
Megafusionen sind selten erfolgreich
Die Zahl der gescheiterten Megafusionen ist Legion, die Geschichten von AOL und Time Warner oder Daimler und Chrysler sind schon mehr als einmal erzählt worden. Zuletzt zeigte sich, dass die Bayer AG mit der Übernahme von Monsanto bislang auch noch nicht wirklich glücklich geworden ist.
Überschätzte Synergien oder das Verfehlen der strategischen Ziele gehören zu den Hauptgründen. So kann sich etwa der Markt anders entwickeln, als in der Planung des Zusammenschlusses vorgesehen. Oder unterschiedliche Unternehmenskulturen prallen aufeinander und lassen sich nicht vereinbaren. Es wäre nicht das erste Mal, dass eine solche Fusion für die Aktionäre in einem Debakel endete.
Und war da nicht mal etwas ganz anderes? Sollte es nicht nach der Finanzkrise nie wieder Banken geben, die „too big to fail“ sind? Es scheint in der Tat so, als würde die Politiker ihr sprichwörtliches Geschwätz von gestern nicht mehr interessieren.
Zwei Lahme machen noch keinen Gesunden
Nun ist es ja nicht so, dass ein Zusammengehen aus einer Position der Stärke erfolgen würde. Die allgemeinen Probleme der Branche habe ich oben schon genannt.
Beide Häuser haben dazu noch ihre eigenen Schwierigkeiten. Die Deutsche Bank mit ihren Rechtsstreitigkeiten um Hypothekendarlehen in den USA, manipulierte Zinssätze oder die Kirch-Pleite – seit 2012 hat der Branchenprimus weit mehr als 20 Milliarden Euro für Prozesse aufgewendet.
Der Frankfurter Nachbar dagegen kämpft mit sinkenden Erträgen und schrumpfenden Margen und dümpelt inzwischen in Richtung Bedeutungslosigkeit. Im September flog die Commerzbank sogar aus dem DAX und musste dem Zahlungsabwickler Wirecard Platz machen.
Das sind keine guten Voraussetzungen für eine gelungene Fusion. Zumal mir kein Fall bekannt ist, bei dem aus zwei kranken ein gesundes Unternehmen wurde.
Mit den Nebenwerte Perlen in aussichtsreiche Aktien investieren
Die Aktienkurse der beiden Institute haben nach den Medienberichten deutlich angezogen. Gerüchte über Fusionen heizen die Fantasie der Börsianer eben häufig an.
Dennoch bleibe ich bei der Branche skeptisch. Gerade in Deutschland kämpfen die Geldhäuser mit Problemen, die wohl nicht so schnell verschwinden werden. Da erscheinen mir andere Aktien wie etwa Nebenwerte aussichtsreicher zu sein.
Dabei handelt es sich häufig um innovative Unternehmen (wann wurde so etwas zuletzt über unsere Banken gesagt?), die noch von ihren Gründern geführt werden. Wenn du diese Aktien schon hast, bevor sie entdeckt werden, winken dir hohe Gewinne.
So haben unsere Mitglieder am vergangenen Donnerstag den komplett konjunkturunabhängigen Marktführer einer fragmentierten Branche kennengelernt. Dazu habe ich noch über eine Firma berichtet, die ein Value-Investor gegründet hat, der mit Warren Buffett und Seth Klarman in einem Atemzug genannt wird.
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Hier sind vier Schritte, die man unserer Meinung nach immer vor Augen haben sollte, wenn der Aktienmarkt einen Rücksetzer erlebt.
Peter besitzt Aktien von Wirecard. The Motley Fool empfiehlt Aktien von Daimler.