Siemens-Aktie unter der Lupe: mehr VinFast oder doch eher Gamesa?

Illustration einer digital vernetzten Skyline im Stil einer Smart City
Foto: Siemens AG

Siemens (WKN: 723610) hat sich über die letzten Jahre stark gewandelt. Anlagenbau, Bauteile und Produkte für Endkunden wurden großteils abgestoßen. Dafür hat sich der Elektrokonzern einen starken Ruf als Digitalisierer und Automatisierer von Industrie und Infrastruktur erarbeitet. Das Milliardendesaster bei den Windturbinen von Gamesa wirft ein schlechtes Licht auf Siemens. Andererseits ist der rasende Aufstieg des vietnamesischen Autobauers VinFast (WKN: A3ESV6) ein Triumph auch für die Münchener.

Um was es im Detail geht und was schwerer wiegt, diesen Fragen wollen wir im Folgenden nachgehen. Für die Attraktivität der Siemens-Aktie hängt eine Menge davon ab, wie wir sie beantworten.

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Was Siemens mit dem VinFast-Hype zu tun hat

VinFast erlebt einen Hype wie seinerzeit Nikola (WKN: A2P4A9). Letztere war kurzfristig unter den drei wertvollsten LKW-Konzernen, noch bevor es auch nur ein kommerzielles Modell auf die Straße gebracht hat. VinFast ist diesbezüglich schon etwas weiter, aber gegenüber den etablierten Herstellern ebenfalls ein Zwerg.

Nachdem Anleger die erste Euphorie hinter sich gelassen haben, hat sich der Kurs am 18. August halbiert. Beim Kurs von 15 US-Dollar beträgt die Marktkapitalisierung aber immer noch etwa 37 Mrd. US-Dollar. Weltkonzern Renault (WKN: 893113) wird derzeit nur mit 11 Mrd. Euro bewertet. Wenn sich die VinFast-Aktie also auf diesem Niveau stabilisiert, dann wäre es ein riesiger Erfolg für die noch junge Marke.

Auch Siemens kann sich dann auf die Schultern klopfen. Schließlich ist VinFast ein Vorzeigekunde für das Siemens Xcelerator Software-Portfolio, die Möglichkeiten der Automatisierung ausschöpfen hilft und das die Fabrikplanung beschleunigen kann. In nur 21 Monaten konnte VinFast so eine Fabrik hochziehen, die massiv auf digitale Zwillinge setzt.

Über die Kombination von sensorbasierten Datenauswertungen aus der realen Fabrik in Echtzeit und der Optimierung im digitalen Modell entsteht ein geschlossener Kreislauf für eine besonders effiziente Produktion. Gleichzeitig erleichtert die umfassende Digitalisierung den flexiblen Aufbau zusätzlicher Produktionskapazitäten.

VinFast ist somit bereit, um von Anfang an zu vergleichsweise geringen Kosten Qualitätsprodukte herzustellen. Es spricht einiges dafür, dass es auf diese Weise schnell zu einem Schwergewicht in Südostasien aufsteigen wird. Bereits jetzt nutzt Siemens erfolgreich diese Referenz, um weitere Projekte dieser Art zu akquirieren. Industrie 4.0 wird endlich greifbar und Siemens kann als Pionier erheblich davon profitieren.

Warum das Gamesa-Desaster auch Siemens betrifft

Ja, Gamesa gehört nicht mehr so richtig zu Siemens. Die Energiesparte wurde bereits vor drei Jahren an die Börse gebracht. Seither hält Siemens nur noch eine Minderheitsbeteiligung, die in der Folge weiter reduziert wurde. Siemens Energy (WKN: ENER6Y) wiederum hat sich zwischenzeitlich Gamesa voll einverleibt, um volle Kontrolle über die Sanierung der Windkraftsparte zu haben.

Aber anstatt die Probleme in den Griff zu bekommen, haben sie immer größere Kreise gezogen. Zunächst waren es nur Probleme mit Kosten, unprofitablen Aufträgen und Schwierigkeiten in den Lieferketten. Wenn das nicht schon schlimm genug wäre, kamen zuletzt auch noch Qualitätsprobleme bei einigen Turbinenmodellen ans Tageslicht.

Während die ehemaligen Gas&Power-Geschäfte mittlerweile sehr ordentliche Ergebnisse erwirtschaften, sorgt Gamesa für Milliardenverluste. Dafür werden zwar auch bestimmte Zulieferer von Rotorblättern und Hauptlagern verantwortlich gemacht. Dennoch trägt Gamesa am Ende die Verantwortung als Technologieintegrator.

Rund 1,6 Mrd. Euro sind vorgemerkt, um die Probleme „im Rahmen der normalen Service-Intervalle zu beheben“, wie es im Aktionärsbrief von Siemens Energy heißt. In der Offshore-Windsparte fallen darüber hinaus wegen der oben genannten Discountpreise für Großprojekte Belastungen im Umfang von 600 Mio. Euro an, und das allein im 3. Quartal.

Nun ist es so, dass Siemens ein führender Hersteller von Software für das Produktlebenszyklus-Management (PLM) und die Konstruktion und Simulation von komplexen Produkten ist. Viele dieser Lösungen kommen auch bei Gamesa zum Einsatz, um die Turbinen zu optimieren und die Komplexität des Zusammenspiels der Bauteile zu beherrschen. Auch die Preisfindung kann von PLM-Software effektiv unterstützt werden.

Der Einsatz dieser Software kann sicherlich nicht alle Probleme verhindern. Aber hätte sie nicht zumindest das Ausmaß reduzieren müssen? Ich vermute, dass man einen Teil des Desasters auch dort verorten muss. Und das könnte das Vertrauen der Kunden in die Leistungsfähigkeit der Siemens-Software beeinträchtigen.

Was wiegt schwerer?

Siemens kann sich im Glanz von VinFast sonnen, aber Siemens Gamesa wirft hässliche Schatten. Wird der ansonsten positive Ausblick für die Digitalgeschäfte von Siemens dadurch beeinträchtigt?

Nun, bei genauerem Hinsehen muss man berücksichtigen, dass es selbst bei der besten Software noch immer auf die Anwender ankommt. Zudem sind die Fehler bei der Preiskalkulation und der Auswahl der Zulieferer eher nicht den Nutzern der Konstruktions- oder PLM-Software anzulasten. Andere Abteilungen wie die Materialprüfung, der Vertrieb oder das Controlling tragen hier mehr Verantwortung. Dass Siemens Gamesa sich nicht gegen Inflation, Qualitätsmängel und Lieferengpässe besser abgesichert hat, dafür kann die Software kaum etwas.

Andersherum spielt die Siemens-Software beim Erfolg von VinFast offenbar eine tragende Rolle. Deshalb denke ich, dass das Positive bei diesen beiden so ungleichen Fällen bei Weitem überwiegt. Siemens mausert sich immer mehr von einem herkömmlichen Elektrokonzern zu einem Digital-Powerhouse. Das sollte dem Kurs künftig Auftrieb verleihen – zumindest, solange VinFast eine besser Entwicklung nimmt als Gamesa in den letzten Jahren.

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Ralf Anders besitzt Aktien von Siemens Energy. Aktienwelt360 empfiehlt keine der erwähnten Aktien.



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