Etsy schnappt sich OpenAI als Partner: Der nächste Schritt im Turnaround der Etsy-Aktie?

Um ganz ehrlich zu sein: Wir haben nicht schlecht gestaunt, als wir die Schlagzeile gelesen haben. Etsy (WKN: A14P98) kooperiert mit OpenAI. Das ist etwas, das wir selbstverständlich nur schwierig vorhersehen konnten. Aber es führt bei der Etsy-Aktie zumindest zu einem Kursplus von ca. 16 % binnen weniger Handelstage. Das sind die Blüten, die der KI-Hype inzwischen treibt. Aber was ist die langfristige Perspektive für diese Partnerschaft? Gibt es eine solche überhaupt?

Was ist der Zweck der Kooperation?

Die einfache Antwort: Etsy auf OpenAI stärker einzubinden. Es sollen Produkte angeboten werden, je nachdem, was der Nutzer fragt. Für OpenAI ergibt sich die Möglichkeit, die eigene Plattform noch besser zu vermarkten. Etsy dürfte Reichweite gewinnen und zudem die Kosten für ein solches Marketing an die Anbieter weitergeben können.

Details sind noch nicht bekannt. Wir bleiben aber am Ball. Denn damit steht eines fest: Etsy ist plötzlich zur KI-Aktie geworden. Wie wir gesehen haben, kann das aus dem Nichts eine höhere Bewertung der Etsy-Aktie auslösen. Uns wäre aber lieber, dass wir ein erstarkendes und zugleich profitables Wachstum sehen. Denn das fehlte uns zuletzt bei dem Onlinehändler.

Kann die Etsy-Aktie an alten Glanz anknüpfen?

Zuletzt war der Etsy-Quartalsumsatz um 3,8 % auf 672 Mio. US-Dollar gestiegen, das Warenvolumen (GMV) aber gefallen. Beim Nettoergebnis hatte Etsy mit einem Wert von 28,8 Mio. US-Dollar (0,28 US-Dollar je Etsy-Aktie) zwar ein positives Ergebnis präsentiert. Allerdings war das Ergebnis um ca. 40 % im Jahresvergleich eingebrochen. Profitables Wachstum geht daher definitiv anders. Unterm Strich zeigte sich ein gemischtes Bild von einem, wenn überhaupt, zaghaften Turnaround.

Das Management hatte kommentiert, man sehe weiterhin, dass sich das Rad des Turnarounds beginne, schneller zu drehen. Man versuche, die Plattform für Verkäufer wertvoller zu machen und die Service-Umsätze zu steigern. Jedoch lag die sogenannte Take-Rate im letzten Quartal schon jetzt bei 24,5 % – ewig steigerbar ist dieser Wert nicht, bis die Verkäufer irgendwann die Plattform verlassen, weil sie ihnen schlichtweg zu teuer wird.

Etsy-Aktie: Die langfristige Perspektive

Etsy selbst sagt, dass man einen adressierbaren Gesamtmarkt in Billionenhöhe adressiert. Die Self- und Handmade-Sparte im E-Commerce ist daher gigantisch. Derzeit ist Etsy dabei, sein eigenes Angebot konsequent auszubauen. Insbesondere die Übernahme von Elo7 und Depop führte zu mehr Reichweite, unter anderem in Lateinamerika. Etsy möchte im Rahmen des House-of-Brands-Konzeptes mit mehreren Angeboten und Marken die Self-, Handmade- und Second-Hand-Sparte dominieren. Hervorhebenswert ist das Plattformgeschäftsmodell, das beispielsweise in Coronazeiten durch individuelle Händler (und Produktionen) zu rasanten Maskenproduktionen führte. Auf Etsy können Trends entsprechend schnell bedient werden.

Das größte Risiko ist die Konkurrenz. Etsy ist im E-Commerce einem enormen Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Unter anderem Amazon hat ein eigenes Selfmade-Angebot. Pinterest ist ein sozialer Kreativmarktplatz, der ebenfalls seine Anknüpfungspunkte in den E-Commerce sucht. Das kann eine Bedrohung für die Growth-Story sein. Trotzdem besitzt Etsy Pricing-Power – und je wertvoller der Marktplatz für die Kunden wird, desto stärker dürfte die Bindung der Kunden und Händler sein, was die Pricing-Power wiederum positiv beeinflussen würde.

Wir sehen in der gehemmten Konjunktur einen wichtigen Grund für die zuletzt negative GMV-Entwicklung bei Etsy. Dennoch muss das Unternehmen zeigen, dass es wieder wachsen kann. Ansonsten würde die Einsicht wachsen, dass der Markt die Etsy-Aktie vielleicht kollektiv überschätzt hat – unabhängig davon, ob man mit OpenAI kooperiert oder nicht.