Ist es zu spät, um Amazon zu kaufen?
Der Kurs von Amazon (WKN:906866) hat sich seit Beginn des Jahres mehr als verdoppelt. Gründe dafür sind das solide Umsatzwachstums, überraschend hohe Gewinne und eine beeindruckende Ausweitung des Ökosystems. Aber nach dieser massiven Rally, die in den letzten 5 Jahren fast 300 % Kursgewinne gebracht hat, stellt sich die Frage: Ist es zu spät, um noch in diese scheinbar unaufhaltsame Aktie zu investieren?
Bewertungen ohne Bodenhaftung
Die meisten Bären behaupten, dass die Bewertungen zu hoch seien. Die Aktie wird mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von unglaublichen 966 gehandelt. Der Industriedurchschnitt für Versandhäuser liegt bei 43. Das aktuelle KGV und der Aktienkurs liegen beide auf einem 52-Wochenhoch.
Das künftige KGV liegt bei deutlich niedrigeren 119, aber das ist immer noch sehr hoch bei einem erwarteten jährlichen Einnahmenwachstum von 60 % in den nächsten 5 Jahren. Das ist deutlich mehr als die 14 %, die die Analysten vom Rest der Industrie erwarten, gibt Amazon aber auch ein Kurs-Gewinn-Wachstumsverhältnis von 5,9. Da ein ein Unternehmen mit einem Wert von unter 1 generell als unterbewertet gilt, können wir mit Sicherheit sagen, dass Amazon nach konventionellen Standards überbewertet ist.
Trotzdem lagen die Bären bei Amazon in den letzten 10 Jahren immer wieder falsch. Das liegt daran, dass Amazon als eine „Kultaktie” gesehen wird und das Ökosystem hat bewiesen, dass es nicht zu stoppen ist.
Das Wachstum in der Einzelhandelssparte
Letztes Jahr gab der CEO von Alphabet (WKN:A14Y6H), Eric Schmidt, zu, dass „mehr als doppelt so viele Kunden” direkt zu Amazon gingen anstatt zu Google. Das bedeutet, dass Google weniger Suchanfragen bekommt, bei denen zielgerichtete Werbung geschaltet werden könnte. Das schlägt sich dann in weniger effektiven Anzeigen und schwächerem Umsatzwachstum nieder.
Dank dieser Dominanz im E-Commerce-Sektor stiegen die Jahreseinnahmen von Amazon von 6,9 Milliarden USD im Jahr 2004 auf 89 Milliarden USD im Jahr 2014. Amazon nutzte das auch und erweiterte das Prime-Okösystem. Prime-Mitglieder, die 99 USD pro Jahr zahlen, erhalten Vergünstigungen, bei ausgewählten Artikeln kostenlose Lieferung innerhalb von 2 Tagen, Zugang zu den Streaminginhalten, unbegrenzten Cloudspeicher für Fotos und andere Vorzüge.
Im Juli schätzte das Forschungsunternehmen CIRP, dass etwa die Hälfte der amerikanischen Kunden von Amazon über eine Prime-Mitgliedschaft verfügten und 95 % auch dabei blieben. CIRP behauptet auch, dass der durchschnittliche Prime-Kunde 1.200 USD jährlich auf Amazon ausgibt, während es bei Nichtmitgliedern nur 700 USD sind. Dieser große Wettbewerbsvorteil verhindert, dass Konkurrenten wie Google und andere Online-Einzelhändler zu viel Boden gewinnen.
Amazon bindet die Prime-Mitglieder mit günstigen Elektroartikeln wie dem Kindle Fire und dem Fire TV an sein Ökosystem. Man expandiert auch das Netzwerk mit den neuen Dash-Buttons, die es einem ermöglichen, mit einem Knopfdruck zu kaufen. Zusätzlich bietet Amazon Lieferung am selben Tag, Lebensmittellieferungen und vieles mehr. Amazon automatisiert auch weiterhin den Prozess mit Robotern in den Lagerhäusern, die in den letzten 3 Jahren eingeführt wurden und Lieferdrohnen, die allerdings noch auf die Erlaubnis von den Behörden warten. Das wird die Abhängigkeit von den Arbeitern nach und nach verringern, die Kosten senken und die Gewinne steigern.
Das Cloudgeschäft
Das Einzelhandelsgeschäft generierte im letzten Jahr 92 % der Einnahmen, der Rest kam von Amazon Web Services (AWS), einer schnell wachsenden Cloudplattform. AWS diente ursprünglich als das Rückgrat der Homepage, bietet jetzt aber Hosting-Dienste für Unternehmensdaten, Cloudcomputing, Datenverarbeitung, maschinelles Lernen und Messaging-Dienste für das Internet der Dinge bei großen Kunden wie CDC und der NASA.
Synergy Research schätzt, dass AWS 29 % des weltweiten öffentlichen Cloudmarktes kontrolliert. Microsoft (WKN:870747)und IBM (WKN:851399) kontrollieren jeweils 25 % und 12 %, während Google nur auf einen Anteil von 6 % kommt. Sowohl Microsoft, als auch IBM generieren mehr Einnahmen als AWS, aber viel von diesen Einnahmen kommt aus dem privaten Cloudgeschäft und SaaS-Plattformen wie Office 365. Wenn wir uns nur die Einnahmen aus der reinen Cloudplattform (IaaS/PaaS) ansehen, dann überflügelt Amazon beide Unternehmen mit einer jährlichen Run Rate von 7,3 Milliarden USD. AWS verfügt laut dem Forschungsunternehmen Gartner über die 10fache genutzte Kapazität der nächsten 14 größten Wettbewerber zusammen.
Im letzten Quartal stiegen die Einnahmen von AWS auf Basis konstanter Wechselkurse verglichen mit dem Vorjahreszeitraum um 78 % und erreichten 8 % des Umsatzes. Der Analyst Brian Novak von Morgan Stanley schätzt, dass sich dieser Anteil im nächsten Jahr mehr als verdoppeln und 17 % erreichen könnte.
AWS generierte im letzten Quartal 521 Millionen USD an operativem Einkommen verglichen mit den 528 Millionen USD aus Amazons Nordamerikageschäft und dem operativen Verlust von 56 Millionen USD im internationalen Geschäft. Das bedeutet, dass AWS deutlich profitabler ist als das Kerngeschäft, obwohl es viel weniger Einnahmen generiert. Daher werden mit steigenden AWS-Umsätzen auch die Gewinne von Amazon steigen.
Mein Urteil: Es ist noch nicht zu spät
In Amazon zu investieren erfordert Mut. Die Fundamentaldaten können einem Angst machen, aber kein anderes Unternehmen kann mit Amazons Einzelhandelsgeschäft oder Cloudplattform mithalten. Das Unternehmen bindet die Kunden durch sein Prime-Ökosystem an sich, arbeitet auch weiterhin daran, die Prozesse effizienter zu machen und Kosten zu sparen und dann wäre da noch die profitable Cloudplattform zu nennen. Alle diese Faktoren legen nahe, dass das Beste erst noch kommt.
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Motley Fool besitzt und empfiehlt Alphabet (A- und C-Aktien) und Amazon.com. Motley Fool empfiehlt Gartner.
Dieser Artikel wurde von Leo Sun auf Englisch verfasst und wurde am 07.12.2015 auf Fool.com veröffentlicht. Er wurde übersetzt, damit unsere deutschen Leser an der Diskussion teilnehmen können.