Dialog Semiconductors – verraten, verloren und verkauft?
Die spektakuläre Übernahme von Atmel (WKN:882557) durch Dialog Semiconductor (WKN:927200) ist gescheitert. Ein Konkurrent ist dem Deal in die Quere gekommen. Da Dialog nun doch wieder auf sich alleine gestellt ist, fragt man sich, wie es nun weitergehen könnte. Möglicherweise wird das Unternehmen nun selbst zum Übernahmeziel.
Das war passiert
In einer Pressemeldung vom 28. Oktober zum 3. Quartal 2015 schrieb Atmel noch, dass man Anfang 2016 mit dem Abschluss der Übernahme durch Dialog rechne. CEO Steve Laub zeigte sich begeistert über den anstehenden Zusammenschluss und die Synergien, die sich für Kunden, Mitarbeiter und Aktionäre ergeben würden.
Am 9. November startete der aktivistische Investor Elliott eine Kampagne gegen den Deal. Auf der Gesellschafterversammlung zehn Tage später konnte sich diese Initiative allerdings nicht durchsetzen.
Nachdem also alles in Butter schien, kam wie aus dem Nichts ein Gegenangebot von Microchip Technology (WKN:886105). Atmel kam zum Schluss, dass Dialog jetzt doch nicht mehr der beste Partner sei und verkündete am 13. Januar, dass man die neue Offerte annehmen wolle. Bei Dialog war man bedient und warf am Folgetag das Handtuch. Eine Erhöhung des bereits grenzwertigen Angebots kam nicht in Frage.
Darum geht’s
Dialog CEO Jalal Bagherli feierte die Abstimmung vom November und gab sich überzeugt, dass man nun einen Konzern schmieden wird, der von Trends wie Mobilität und Internet der Dinge profitieren wird. Mit einer breiteren Kundenbasis und Einsparpotenzialen sah man sich gut für die Zukunft gerüstet.
Jetzt, wo der Deal geplatzt ist, lassen sich all diese Pläne, in die das Management in den letzten Monaten so viel Energie hineingesteckt hat , nicht mehr umsetzen. Die Probleme des Unternehmens, die man glaubte gelöst zu haben, sind nun wieder auf dem Tisch. Dialog Semiconductor muss sich erst einmal wieder auf sich selbst verlassen und eine neue Strategie entwickeln, um sich aus der Abhängigkeit von einzelnen Kunden zu lösen und das Geschäft auf ein breiteres Fundament zu stellen.
Immerhin wird Atmel eine Entschädigungszahlung von 137,3 Mio. USD leisten müssen, sicherlich ein kleines Trostpflaster.
So geht’s weiter
Dass das Management die schon etwas abenteuerliche Übernahme der von der Mitarbeiterzahl her dreimal größeren Atmel durchziehen wollte, zeigt für mich deutlich, dass man das Risiko, durch den Verlust wichtiger Kunden in Schieflage zu geraten, durchaus hoch eingeschätzt hat.
Ob die eigenen Bemühungen zur Diversifizierung des Geschäfts ausreichen, bleibt zunächst ungewiss. Immerhin: der Erfolg mit der Schnellladetechnik, die im Mai gestarteten Aktivitäten im Haushaltsgerätemarkt und die Kooperation mit Bosch Sensortec sind schon mal gute Ansätze. Eine Option wäre sicherlich, jetzt mit Nachdruck diese Initiativen auszurollen und gleichzeitig alles daran zu setzen, die Hauptkunden bei der Stange zu halten.
Für unrealistisch halte ich, dass Dialog auf absehbare Zeit ein weiteres größeres Übernahmeziel ausmacht. Letztes Jahr gab es im Halbleitersektor derart viele Transaktionen, dass kaum noch gangbare Gelegenheiten übrig bleiben. Dass man sich beispielsweise an der schlingernden AMD (WKN:863186) die Finger verbrennen möchte, glaube ich kaum.
Viel realistischer ist hingegen, dass Dialog nun selbst zum Kaufobjekt wird, nachdem der Börsenkurs sich seit Mitte 2015 halbiert hat (Schlusskurs 18.1.: 25,805€). Einer der Interessenten könnte Intel (WKN:855681) sein, die Schwierigkeiten hat, im Mobile-Segment angemessen Fuß zu fassen, auch wenn der Marktführer sich gerade für 16,7 Mrd. USD Altera (WKN:875650) einverleibt.
Eine andere Idee wäre Tsinghua Unigroup. Die mehrheitlich staatseigenen Chinesen haben bereits ihren großen Hunger auf Hightech und Wachstum bewiesen, selbst die Branchengröße Micron Technology (WKN:869020) wurde letztes Jahr ins Visier genommen. Mit ihren bisherigen Zukäufen sind sie bereits groß im Geschäft mit integrierten Chips für preiswerte Smartphones. Dialog wäre hier eine perfekte Ergänzung, um zukünftig alle Marktsegmente abzudecken.
Fazit
Dialog muss die Enttäuschung nun erst einmal verarbeiten und sich der neuen Realität stellen. Die Entschädigungszahlung sollte dem Unternehmen helfen, eine verstärkte Innovationsoffensive zu starten, die dringend notwendig ist.
Bis diese Früchte tragen, lastet das Risiko durch die geringe Diversifizierung auf dem Unternehmen. Positiv stimmt mich andererseits der reizvolle Gedanke an eine mögliche Übernahmeprämie für Aktionäre. Beim aktuell reduzierten Niveau erscheint die Aktie billig, vor allem wenn du glaubst, dass die Hauptkunden Dialog treu bleiben werden.
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Ralf Anders hält keine Wertpapiere genannter Unternehmen. The Motley Fool empfiehlt Intel.