Vergiss die Lufthansa und schau dir diese irische Airline an
Fluggesellschaften gelten nicht unbedingt als besonders Foolishe Investments. Und die hierzulande beheimateten Airlines bestätigen dieses Bild: Die ständig bestreikte Lufthansa (WKN:823212) und die dauerhaft defizitäre Air Berlin sind wahrhaft keine Unternehmen, die langfristige Investoren anlocken.
Doch auf der anderen Seite des Ärmelkanals gibt es eine Fluggesellschaft, auf die meiner Meinung nach auch wir Fools einen Blick werfen können. Es ist die irische Airline Ryanair (WKN:A1401Z). Hier erfährst du, was das Unternehmen so interessant macht.
Profitabelste Airline Europas
Der in meinen Augen wichtigste Grund, sich Ryanair genauer anzusehen, ist die Tatsache, dass die irische Fluggesellschaft hochprofitabel ist, wie ein Blick auf die operativen Margen – also wie viel vom Umsatz als operativer Gewinn übrig bleibt – verrät.
beförderte Passagiere | EBIT-Marge | |
Ryanair | 90,6 Mio. | 18,4 % |
easyjet (WKN:A1JTC1) | 68,6 Mio. | 14,6 % |
Lufthansa | 106,0 Mio. | 3,7 % |
Air France-KLM (WKN:855111) | 87,4 Mio. | – * |
Quelle: Geschäftsbericht Ryanair (1.4.14 – 31.3.15), easyjet (1.10.2014 – 31.09.15), Lufthansa (1.1.14 – 31.12.14) und Air France-KLM (1.1.14 – 31.12.14)
* Air France-KLM erzielte 2014 ein negatives Konzernergebnis
Bei den Passagierzahlen hat die Lufthansa die Nase (noch) vorne, doch wollen wir unser Hauptaugenmerk auf die Marge richten, da sie ausdrückt, wie profitabel ein Unternehmen ist. Und hier sieht man, dass die etablierten Gesellschaften Air France und Lufthansa den Iren Lichtjahre hinterherfliegen.
Oder wie Ryanair CEO Michael O’Leary es formuliert:
Unsere Umsatzrendite ist nicht gut, sondern obszön in dieser Branche. Verglichen mit dem Rest sind wir keine Fluglinie, sondern Drogenhändler.
Aber wie kann das sein? Ein Lufthansaflug innerhalb Europas ist nicht unter 65 Euro zu bekommen, während man mit Ryanair zum Beispiel für 22,99 Euro von Köln nach Madrid fliegen kann. Oder für 9,99 Euro nach Rom. Die Serviceleistungen sind die gleichen, auch beim günstigsten Lufthansatarif “Economy Light” ist kein Freigepäck oder eine Sitzplatzreservierung enthalten. Eigentlich müsste doch die Lufthansa besser verdienen.
Der Grund, warum Ryanair trotz niedrigster Ticketpreise profitabler wirtschaftet, ist auf der Kostenseite zu finden.
Wettbewerbsvorteil Personalkosten
Was die Betriebskosten betrifft, ist Ryanair der Konkurrenz weit voraus. Das ist der wichtigste Grund für die hohen Margen. Einen gewichtigen Anteil daran tragen die niedrigen Personalkosten.
Betriebskosten pro Passagierkilometer | Verhältnis Personalaufwand zu Umsatz | |
Ryanair | 4,0 Cent | 8,9 % |
easyjet | 6,1 Cent | 12,0 % |
Lufthansa | 9,0 Cent | 24,4 % |
Air France-KLM | 9,5 Cent | 29,3 % |
Quelle: CH-Aviation, Stand: 30.11.15 / Geschäftsberichte Ryanair, easyjet, Lufthansa und Air France-KLM
Der Passagierkilometer kostet Ryanair gerade mal gut 44 % von dem, was die Lufthansa dafür berappen muss. Hauptgrund dafür sind die Personalkosten, die bei der größten deutschen Airline im Verhältnis zum Umsatz fast dreimal so hoch sind wie bei den Iren.
Ein Wettbewerbsvorteil, der kaum einholbar scheint. Im Angesicht wenig kompromissbereiter Gewerkschaften, wie der Pilotenvereinigung Cockpit und der Flugbegleiterorganisation UFO, ist es für Lufthansaboss Carsten Spohr eine Herkulesaufgabe, die Personalkosten signifikant zu senken. Ähnliches gilt für Air France-KLM.
Mit solchen Problemen muss sich O’Leary nicht herumschlagen. Seiner Ansicht nach wünschen sich seine Angestellten gar keine Gewerkschaft, weshalb er keine der vorhandenen Organisationen bei Ryanair als solche anerkennt und auch nicht mit ihnen verhandelt. An Piloten mangelt es ihm trotzdem nicht, kaum eine europäische Airline außer Ryanair stellt aktuell angehende Piloten ein.
Solange O’Leary es schafft, Gewerkschaften von seiner Airline fernzuhalten, wird dieser immense Kostenvorteil auch weiterhin Bestand haben. Unternehmen wie die Lufthansa und Air France haben keine Chance, ihre Personalkosten auch nur in die Nähe der Kosten von Ryanair zu bringen, solange starke Gewerkschaften solche Vorhaben torpedieren.
Den Wettbewerbsvorteil der günstigeren Personalkosten bei Ryanair sehe ich also durchaus als einen langfristigen, weil ich nicht davon ausgehe, dass Lufthansa und Co. ihre Konflikte mit den Gewerkschaften lösen können. Zumindest nicht so, dass deren Personalkosten mit denen von Ryanair konkurrieren können. Somit dürften die Iren, was die Kosten und folglich auch die Rendite betrifft, der Lufthansa auch zukünftig ein gutes Stück voraus sein.
Weitere Kostenvorteile
Aber nicht nur beim Personal wird gespart, auch in anderen Bereichen wird bei Ryanair penibel auf die Kosten geachtet. So verwenden die Iren nur Maschinen des Typs Boeing 737-800, das sorgt für geringere Kosten beim Kauf durch hohe Stückzahlen des gleichen Fliegers.
Und auch bei der Wartung spart man mit dieser Maßnahme, denn es können immer die gleichen Ersatzteile bevorratet werden und das Wartungspersonal muss nur für einen Maschinentyp geschult werden.
Weiterhin besitzen die Iren eine sehr junge Flotte, sie hat ein Durchschnittsalter von nur 5,5 Jahren. Zum Vergleich: das Durchschnittsalter bei der Lufthansa beträgt 11,5 Jahre. Die neueren Maschinen benötigen weniger Treibstoff und sind weniger wartungsanfällig.
Und gelandet wird nur da, wo auch der Preis, sprich die Gebühren des Flughafens, stimmen. So sind die großen Airports wie London Heathrow, Paris Charles de Gaulle oder Frankfurt am Main im Streckennetz von Ryanair nicht zu finden. Stattdessen wird auf kleinen, günstigen Flughäfen wie Memmingen, Frankfurt Hahn oder London Stansted gelandet.
Mein Foolishes Fazit
Michael O’Leary hat eine Airline aufgebaut, die in Europa ihresgleichen sucht. Trotz niedrigster Ticketpreise erwirtschaften die Iren regelmäßig Margen, von denen die traditionsreichen Fluggesellschaften nur träumen können. Erreicht wird dies durch strikte Kostendisziplin in allen Bereichen des Unternehmens.
In Summe bringt Ryanair also einige Dinge mit, die die Airline für einen langfristigen Investor interessant machen: einen Wettbewerbsvorteil durch die nicht vorhandenen Gewerkschaften, einen Topmanager mit Michael O’Leary und niedrigste Kosten, die kaum zu unterbieten sind. Es gibt also einige Gründe, sich Ryanair genauer anzuschauen.
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Thomas Brantl besitzt Aktien von Ryanair. The Motley Fool besitzt keine Aktien genannter Unternehmen.