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Bei VW bestimmt die Politik, wo es langgeht – und das ist gut für Investoren

Foto: Pixabay, mamamuki0

Seit Monaten ist die Volkswagen AG (WKN: 766403) in den Schlagzeilen, und es sind keine positiven: Dieselgate, Managerboni, Millionenzahlungen an einen ausgeschiedenen Vorstand. Und jetzt meldet sich auch noch ein Hedgefonds zu Wort und will den Einfluss der Politik auf VW beenden. Und der ist in der Tat groß, aber ich finde, dass er den Aktionären nutzt.

Bei VW war der Staat schon immer dabei

Die Vorzugsaktie von Volkswagen wurde 1961 an die Börse gebracht. Bis heute hält das Land Niedersachen 20 % der Stimmrechte. Die Satzung von VW sichert dem Land dabei verschiedene Sonderrechte, darunter,

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  • dass Satzungsänderungen einer 80 % Mehrheit auf der Hauptversammlung bedürfen (sonst sind 75 % üblich – das Land hat also trotz der „geringen“ Beteiligung ein Vetorecht)
  • dass dem Land zwei Mandate im Aufsichtsrat zustehen (keine Wahl durch die Hauptversammlung)
  • dass Beschlüsse über die Errichtung und Verlegung von Produktionsstätten der Mehrheit von zwei Drittel der Mitglieder des Aufsichtsrats bedürfen.

Eine solche Machtfülle ist einzigartig in der deutschen Aktienlandschaft. Das ist aber auch nicht verwunderlich, wenn man die Bedeutung von VW für Niedersachsen kennt: Hier arbeiten 120.000 Menschen für VW. Die Wertschöpfung des Konzerns betrug in 2014 52 Milliarden Euro und ist damit fünfmal so groß wie die der zweitplatzierten Continental AG.

Die Politik hat klare Interessen

Es ist also klar, was die Politik will: Arbeitsplätze im Land erhalten – und nebenbei auch über Steuern und Dividenden vom Erfolg Volkswagens profitieren.

Außer VW gibt es noch andere große Unternehmen, in denen der Staat als Aktionär mitredet. Dabei geht es häufig um die sogenannte Daseinsvorsorge, die der Staat sicherstellen möchte, etwa bei der Deutschen Telekom oder RWE. Die Interessen der öffentlichen Hand müssen allerdings nicht mit denen der restlichen Aktionäre übereinstimmen: So könnten zum Beispiel über Rationalisierungen Arbeitsplätze abgebaut werden, was die Politik aber gerne verhindern möchte.

Ein Hedgefonds kämpft gegen das Land

Auf diesen Konflikt macht jetzt ein bekannter Investor aufmerksam. Christopher Hohn, der über seinen The Children’s Investment Fund (TCI) Aktien im Wert von etwa 1,2 Milliarden Euro hält, forderte Anfang Mai ein Ende des Einflusses der Politik auf VW sowie den Rücktritt von Ministerpräsident Weil und Wirtschaftsminister Lies aus dem Aufsichtsrat. Er wurde mit folgenden Worten zitiert:

Der Konzern erinnert mich mehr an ein riesiges Arbeitsbeschaffungsprogramm für das Land Niedersachsen. Das Land mischt sich viel zu stark in Managemententscheidungen ein und schadet damit langfristig Aktionären und Beschäftigten.

Am Ende teilte Hohn auch noch gegen die Familie Porsche aus, die 52,2 % der Stimmrechte kontrolliert:

Volkswagen braucht Profis, keine Erben und Politiker.

Das sitzt erst einmal. Hohn ist als aktivistischer Investor bekannt, das heißt, er versucht Einfluss auf das Management der Firmen auszuüben, von denen er Aktien hält. Und dabei ist er hartnäckig, auch über längere Zeiträume. Aber ist das jetzt eine gute Nachricht für Foolishe Investoren mit Interesse an VW?

Politik und Wirtschaft

Wie bereits erwähnt, haben Politiker Ziele, die sich häufig von denen der „normalen“ Aktionäre unterscheiden, wie etwa beim Verhindern von Arbeitsplatzabbau, der die Erträge des Unternehmens steigern würde. Genau auf dieses Problem bezieht sich Hohn. Im Allgemeinen stimme ich ihm zu. Die politischen Investoren verfolgen eigene Interessen, da sie im Regelfall nach Amt und Parteibuch statt nach Fähigkeiten ausgesucht werden. Dementsprechend handeln sie häufig auch.

VW ist auch hier ein Sonderfall

Bei VW allerdings liegt der Fall meiner Meinung nach etwas anders. Gerade in der Dieselgate-Affäre wird das Krisenmanagement von Ministerpräsident Weil sehr positiv gesehen, da er die Aufklärung vorangetrieben und den Wechsel an der Konzernspitze von Martin Winterkorn zu Matthias Müller forciert haben soll. Darüber hinaus hat er sich für einen Verzicht des Konzernvorstands auf hohe Sonderzahlungen, trotz der Ereignisse um manipulierte Autos und der damit einhergehenden Kosten,  eingesetzt.

Und noch ein Punkt sollte nicht vergessen werden: In den USA spürt VW gerade die harte Hand der Behörden im Dieselskandal. Hier in Deutschland ist das anders, was geschädigte Autobesitzer verständlicherweise verärgert. Die Aktionäre aber wird es freuen, dass die Politik eben kein Interesse an dauerhaften Schäden für VW (und die Arbeitsplätze dort) hat und deswegen die Wolfsburger eher mit Samthandschuhen anfasst anstatt die Keule herauszuholen.

Insgesamt ist die Geschichte von Volkswagen seit dem Börsengang eine Erfolgsstory. In den letzten 30 Jahren hat die VW-Aktie um fast 750 % zugelegt und damit den DAX (+600 %) deutlich hinter sich gelassen. Das zeigt, dass Unternehmen trotz eines politischen Einflusses erfolgreich arbeiten können. Zudem scheint das Land gut mit der Familie Porsche als Mehrheitsaktionär zusammenzuarbeiten, die nun wirklich ein Interesse an hohen Gewinnen haben sollte.

Im Falle Volkswagen kann ich Kritik von Christopher Hohn nicht teilen. Die Politik ist aus meiner Sicht ein stabilisierender Faktor und kein Grund, auf ein langfristig angelegtes Engagement zu verzichten. Hier spielen andere Dinge wie der Fortgang des Skandals und die allgemeine Entwicklung des Automobilmarktes wichtigere Rollen.

Und die Arbeitnehmer in Niedersachsen haben auch etwas davon.

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Peter Roegner besitzt keine im Text genannten Aktien. The Motley Fool besitzt keine im Text genannten Aktien.



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