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3 Dinge, die wir aus der Pleite von Gerry Weber lernen können

Foto: Peter Roegner

Dass die letzten Jahre für den Damenmodehersteller Gerry Weber (WKN: 330410) nicht einfach waren, konnte jeder sehen: Umsatzrückgänge, das Verschlafen des Onlinegeschäftes, starke Konkurrenz durch andere Unternehmen wie H&M und Zara sowie Probleme mit dem zu großen Filialnetz setzten den Westfalen schon lange zu. Der Insolvenzantrag am Freitag kam dann aber doch etwas überraschend.

Noch im Juni 2014 wurden die Aktien von Gerry Weber für knapp unter 40 Euro gehandelt. Damals schien der Erfolg des Familienunternehmens keine Grenzen zu kennen: 778 Filialen, 852 Mio. Euro Umsatz und ein Platz im prestigeträchtigen MDax.

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Der Anfang vom Ende begann 2012 mit der Übernahme der insolventen Modekette Wissmach, auf deren rund 200 Filialen man es abgesehen hatte. Zunächst konnte man dem schwächelnden deutschen Modehandel mit immer neuen Verkaufsflächen trotzen. Am Ende aber wuchsen die Kosten für Flächen und Personal zu stark. Zusammen mit den anderen Problemen führte das letztlich zur Insolvenz.

Wenn ich mir die Entwicklung von Gerry Weber, wo ich lange Zeit selbst Aktionär war, betrachte, kann ich folgende drei Dinge mitnehmen.

Wenn die Story nicht mehr stimmt, ist es Zeit zum Ausstieg

Es stimmt, dass das langfristige Investieren Teil der Philosophie der Motley Fool ist. Niemand kann gezielt die Höchst- und Tiefstpunkte des Marktes treffen, darum versuchen wir es gar nicht erst. Und nur mit einem langfristigen Ansatz sind die Erfolge möglich, die Fool-Gründer David Gardner mit Aktien wie Amazon oder Netflix erreicht hat.

Gerry Weber scheint mit mehr als 98 % Kursverlust in nur viereinhalb Jahren der Gegenbeweis zu sein. Hier hätte stures Festhalten praktisch zum Totalverlust geführt.

Tatsächlich jedoch zeigt auch Gerry Weber deutlich, wie richtig der Foolishe Ansatz ist. Die Probleme bei den Westfalen kamen ja nicht über Nacht. Schon 2014 zeigten sich die Schwierigkeiten, die aus Wachstum um fast jeden Preis resultierten. Spätestens 2016 war klar, dass die Gründe, die noch zwei Jahre vorher für ein Investment sprachen, nicht mehr stimmten. Damals war es Zeit zum Ausstieg.

Anders bei Amazon: Die Aktie schwankte aufgrund ihrer stets hohen Bewertung schon immer stark. Das Unternehmen selbst blieb aber trotz einiger Misserfolge wie dem Fire Phone stets auf Wachstumskurs und am Ende spiegelte sich das auch in der Entwicklung des Aktienpreises wider.

Wer Anteile an Unternehmen kauft, tut also gut daran, von Zeit zu Zeit zu überprüfen, ob die Gründe, die damals für den Kauf der Aktie sprachen, immer noch aktuell sind. Dabei hilft es mir, diese Gründe aufzuschreiben und diese Aufzeichnungen immer mal wieder hervorzuholen.

Mode ist ein schwieriges Geschäft

Gerry Weber ist kein Einzelfall, sondern steht beispielhaft für eine schwierige Branche. Der Wettbewerb ist knallhart, dazu reicht ein Blick in ein beliebiges Shopping-Center: Schätzungsweise die Hälfte aller Läden verkauft Sachen, die in irgendeiner Form mit Mode zu tun haben.

Daher ist die Liste der Modelabel mit Problemen alleine in Deutschland prominent besetzt: Hucke, Steilmann und René Lezard sind pleite, Tom Tailor, Ahlers und Esprit haben zu kämpfen. Aber auch bei den großen internationalen Ketten läuft nicht alles rund. H&M leidet unter der Konkurrenz von Discountern und Billigläden wie kik, Takko und Primark.

Der Geschmack der Kunden wandelt sich ständig. Gerade im Segment der jungen Kunden wechseln Favoriten fast jährlich. Es ist nur wenige Jahre her, dass alle Jugendlichen verrückt nach Abercrombie & Fitch waren. In den Einkaufszentren standen die Kids Schlange, um die teuren Stücke zu erwerben. Heute sind die Läden leer und die Aktie hat seit 2011 etwa zwei Drittel ihres Wertes verloren.

Hinzu kommt, dass die Verbraucher immer weniger Geld für Mode ausgeben. Gerade jüngeren Kunden sind andere Sachen wie Reisen oder Elektronik wichtiger als das neueste angesagte Modelabel. Eurostat berichtet seit 2005 über einen Abwärtstrend bei den Haushaltsausgaben für Kleidung.

Somit sorgen mehr Konkurrenz, weniger Gesamteinnahmen und sinkende Margen für einen harten Verdrängungswettbewerb.

Auch Familienunternehmen können Probleme haben

Wir Fools lieben Unternehmen, die noch von ihrem Gründer geführt werden. Uns gibt dies eine zusätzliche Sicherheit, denn der Gründer hat ebenso ein Interesse am Erfolg des Unternehmens wie wir als Aktionäre.

Firmengründer Gerhard Weber gehören knapp 30 % der Aktien. Aus dem Nichts gründete der gelernte Industriekaufmann und Inhaber einer Boutique 1973 seine Modemarke und glänzte mit detaillierten Kenntnissen und raschem Entscheidungswillen. Also alles so, wie wir uns das vorstellen.

2014 gab er im Alter von 73 Jahren den Vorstandsvorsitz an seinen Sohn Ralf ab. Damit begann der Niedergang des Unternehmens. Oder zumindest wurden die Probleme dann offensichtlich. Dem Sohn gelang es nicht, die Gesellschaft wieder in die richtige Richtung zu drehen. Im Oktober 2018 verließ er den Vorstand und ein familienfremder Manager übernahm. Für die Aktionäre kam das zu spät.

Gründergeführte Unternehmen sind meistens attraktive Anlagemöglichkeiten. Aber der (im Regelfall altersbedingte) Abgang des Firmengründers stellt ein erhebliches Risiko für die Investoren dar; das gilt insbesondere dann, wenn der Sohn oder die Tochter Nachfolger wird.

Es gibt Beispiele für beides: dass ein derartiger Wechsel erfolgreich sein kann oder eben auch nicht. Da kann man keine pauschale Aussage treffen. Aktionäre müssen sich aber bewusst sein, dass ein Generationenübergang innerhalb der Familie kein Selbstläufer ist.

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Peter besitzt Aktien von Amazon. John Mackey, Vorstandsvorsitzender von Whole Foods Market, einem Tochterunternehmen von Amazon, ist Mitglieds des Aufsichtsrats von The Motley Fool. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Amazon and Netflix.



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