Rocket-Internet-Aktie: Ist jetzt endlich der Zeitpunkt gekommen, um einzusteigen?
Unternehmen mit Turbowachstum stehen weiterhin hoch immer Kurs, vor allem in den USA. Wenig davon mitbekommen haben hingegen die treuen Aktionäre von Rocket Internet (WKN:A12UKK). Sie warten seit dem Börsengang 2014 vergebens auf nachhaltige Kursgewinne oder gar Dividenden.
Oder könnte der zaghafte Anstieg über die letzten Wochen den Anfang einer Trendwende darstellen? Genau dieser Frage bin ich unvoreingenommen nachgegangen und zum Ergebnis gekommen, dass die Zeit für einen Rocket-Einstieg erst noch kommt.
Die letzten Entwicklungen
Der frühere Großaktionär Kinnevik ist im ersten Halbjahr 2017 zu Tiefstpreisen komplett ausgestiegen. Danach haussierte die Aktie bis Sommer 2018. Gleich vier zunächst relativ erfolgreiche Börsengänge spülten jede Menge Barmittel in die Kasse. Gleichzeitig verfügen Anleger seither über mehr Transparenz hinsichtlich des Wertes der Beteiligungen und konnten sich ausrechnen, dass allein die gehaltenen Aktien und der Kassenbestand die Marktkapitalisierung des Konzerns rechtfertigen würden.
Leider ging die Rechnung nicht ganz auf, weil Home24 (WKN:A14KEB) (25 % Beteiligung), Westwing (WKN:A2N4H0) (21 %), Delivery Hero (WKN:A2E4K4) (4 %) und HelloFresh (WKN:A16140) (bis Mai: 28 %, heute 0 %) allesamt nach Süden drehten.
Jumia (WKN:A2PGZM) (17 %), der im April in den USA an die Börse gegangene afrikanische Onlinehändler, legte zur Freude der Aktionäre zwar einen fulminanten Start hin. Aber auch dort hat sich die Euphorie schnell gelegt, zumal nun bekannt wurde, dass Anwälte ein Verfahren wegen Anlegertäuschung anstrengen. Es lief also insgesamt nicht unbedingt rund und das kann man am Chartverlauf ablesen.
All das muss jedoch nicht gegen den Konzern sprechen. Dass Konzepten in der Art von jenen im Rocket-Portfolio die Zukunft gehört, kann nämlich kaum bestritten werden. Dafür spricht beispielsweise auch die jüngste Finanzierungsrunde von Deliveroo über 575 Mio. US-Dollar.
Das sagen die Zahlen
Ob die Aktie von Rocket Internet nachhaltig nach oben drehen kann, hängt davon ab, wie es um das Verhältnis von Nettovermögen und Bewertung einerseits sowie Chancen und Risiken andererseits steht. Lass uns also zunächst in die Bilanz schauen. Dort wurden für Ende 2018 folgende Werte gemeldet:
– 4,0 Mrd. Euro Eigenkapital
– 1,7 Mrd. Euro flüssige Mittel
– 0,8 Mrd. Euro Wert des strategischen Beteiligungsportfolios
– 1,5 Mrd. Euro Wert des sonstigen Aktienportfolios sowie Darlehensforderungen und Bankeinlagen
– 0,1 Mrd. Euro Schulden
Das sieht auf den ersten Blick natürlich solide aus, zumal die Marktkapitalisierung von aktuell 3,5 Mrd. Euro ein gutes Stück unter dem berichteten Eigenkapital liegt. Zudem gibt es jede Menge flüssige Mittel, die durch Aktienverkäufe bei Bedarf noch aufgestockt werden könnten, ohne den niedrigen Schuldenstand zu erhöhen. Auf den zweiten Blick wird aber auch klar, dass Rocket Internet zum Jahreswechsel nur zum kleineren Teil von seinen bekannten Beteiligungen abhängig war.
Jedenfalls hat dort unter anderem die Erholung der wichtigen HelloFresh-Beteiligung, die vor wenigen Tagen verkauft wurde, für eine Stabilisierung gesorgt. Auch das Aktienportfolio dürfte sich gut entwickelt haben, sodass ich mal davon ausgehen würde, dass das Kurs-Buchwert-Verhältnis noch immer deutlich kleiner ist als 1.
Abwarten
Allein wegen eines günstigen KBV wird die Aktie jedoch kaum nachhaltig nach oben drehen. Schließlich ist eine Sicherheitsmarge durchaus sinnvoll, wenn man bedenkt, dass in der Bilanz auch jede Menge Bewertungsunsicherheiten drinstecken, insbesondere was die 66 vollkonsolidierten Unternehmen angeht. Letztlich kommt es also darauf an, wie geschickt die Liquidität eingesetzt wird. Dass das Management im aktuell sehr teuren Börsenumfeld eine eher abwartende Position einnimmt, finde ich zunächst positiv.
So könnte Rocket Internet im Fall eines Börsencrashs antizyklisch zuschlagen bzw. ihre Beteiligungen aggressiv dabei unterstützen, Marktanteile da zu erobern, wo andere zurückrudern. Wenn es allerdings wirklich so wäre, dass das Management auf den großen Abschwung wartet, dann sollten wir vielleicht besser mit ihm warten, anstatt bereits jetzt zuzuschlagen. Solange wir nicht wissen, was aus dem Geldberg wird, würde ich hier nicht einsteigen und eher die eine oder andere börsennotierte Beteiligung genauer unter die Lupe nehmen.
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Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien.