Was ist Home Bias und warum ist das für dein Depot gefährlich?
Wenn du unseren Newsletter Bilanz Ziehen schon länger liest, dann weißt du, dass für uns Fools ein breit gestreutes Depot mit mindestens 15 bis 20 Aktien wichtig ist. Wie sieht das bei dir aus? Hast du schon in Aktien investiert, am besten in viele verschiedene? Wenn ja, dann wäre das schon mal gut, denn das verringert das Risiko.
Die Vorliebe für Aktien aus der Heimat
Wenn du mal einen Blick auf dein Portfolio wirfst: Woher kommen die meisten Unternehmen, bei denen du Miteigentümer bist? Wenn ich rate, dass die Antwort Deutschland ist, liege ich mit großer Wahrscheinlichkeit richtig.
Die Börsianer sprechen hier von „Home Bias“, eine der klassischen Fallen der Börsenpsychologie. Damit ist gemeint, dass die Anleger (zu) häufig Aktien einheimischer Unternehmen kaufen. Dafür gibt es viele Gründe, die weder falsch noch zwangsläufig schlecht sein müssen, darunter folgende:
- Du kennst die Unternehmen und ihre Produkte aus deinem Alltag.
- Die Geschäftsberichte und ein möglicher Kontakt zur Investor-Relations-Abteilung sind auf Deutsch; damit entfällt die Sprachbarriere.
- Die Informationsbeschaffung ist einfacher.
- Beim Kauf der Aktien entfällt das Risiko von Währungsverlusten.
- Der Besuch der Hauptversammlung ist einfacher (und günstiger).
- Du musst dich nicht mit ausländischen Quellensteuern rumärgern.
Deutsche Unternehmen sind vergleichsweise klein
Ich möchte jetzt nicht im Einzelnen auf diese Punkte eingehen. Wichtiger finde ich die Tatsache, dass der Anteil deutscher Aktiengesellschaften an der weltweiten Marktkapitalisierung gerade einmal 4 % beträgt. Ein Anleger mit einer höheren „Deutschland-Quote“ im Depot übergewichtet diese Aktien entsprechend.
Je nach Anteil am Depot kann es auch sein, dass der Anleger Chancen, die sich in anderen Regionen der Welt bieten, verpasst. Ein gutes Beispiel dafür ist der Vergleich zwischen dem deutschen und dem amerikanischen Aktienmarkt, der sein Pendant aus Deutschland klar abgehängt hat.
Nehmen wir etwa die Banken. Die deutschen Geldhäuser ächzen unter einem Berg von (häufig sinnlosen oder sogar kontraproduktiven) Regulierungen. Die Minuszinspolitik der Europäischen Zentralbank tut ihr Übriges, um unseren Banken ihr Geschäft zu vermasseln. Ja, Deutsche Bank und Commerzbank haben in den letzten 15 Jahren auch viel eigenen Mist gebaut, aber die Situation in Europa macht es ihnen nicht einfacher. Ganz anders dagegen sieht es in den USA aus, wo die Regulierung gelockert wurde und J.P.Morgan und Co. Quartal für Quartal Milliardengewinne einfahren.
Im DAX – das liegt in der Natur der Sache – sind klassische deutsche Industrien wie Automobilbau und Chemie stark gewichtet. Diese sind derzeit nicht sehr gefragt (denken wir nur an die Situation im Autobau), denn die Anleger mögen Technologiewerte lieber. Diese finden sie reichlich in den USA, aber weniger in Deutschland, wo SAP, Wirecard und Infineon ziemlich einsam dastehen.
Was bringt die Zukunft?
Diese Vorlieben können und werden sich auch wieder ändern. Dennoch muss ein Aktienanleger immer auch in die Zukunft gucken. Und da stelle ich mir schon die Frage, ob Deutschland und deutsche Unternehmen die erste Wahl sein sollten. Keine Frage, hier gibt es – gerade im Mittelstand – erstklassige Unternehmen auf Weltniveau. Aber wie lange wird das noch der Fall sein?
Die Musik in zukunftsträchtigen Branchen spielt schon lange in Asien und in den USA. Europa scheint hier abgehängt zu sein, und die Forderungen der Politiker, doch bitte eine europäische Suchmaschine oder einen deutschen Zahlungsanbieter zu schaffen, wirken auf mich irgendwo zwischen verzweifelt und lächerlich.
Ganz besonders sorge ich mich um die Zukunft der Energieversorgung. Die Reduzierung der CO2-Emissionen ist zwar ein lobenswertes Ziel, aber mir fehlt die Fantasie, mir den Industriestandort Deutschland ausschließlich mit Solar- und Windenergie vorzustellen. Zumal alle anderen wirtschaftlich bedeutenden Länder weiterhin kräftig in Atom- und Kohlemeiler investieren – ich fürchte, sie werden uns auf lange Sicht abhängen.
Andere Mütter haben auch schöne Töchter
Aus diesem Grund halte ich es für wichtig, Aktien nicht nur nach Branchen, sondern auch nach Regionen zu streuen.
Da wir vorhin die Themen „Home Bias“ und „Diversifikation“ hatten: Ab August werden die Nebenwerte Perlen breiter aufgestellt. Neben den bisherigen USA-Empfehlungen werden wir auch Aktien aus anderen Ländern aufnehmen, in denen The Motley Fool vertreten ist, etwa aus Großbritannien, Singapur und Australien.
Damit wird der Service für die Mitglieder noch wertvoller. Ich bin selbst schon gespannt, welche Aktie die erste aus einem der anderen Länder sein wird. Vorher gibt es aber am Donnerstag der nächsten Woche noch mal zwei ganz aktuelle Nebenwerte aus den USA.
Der Bärenmarkt-Überlebensguide: Wie du mit einer Marktkorrektur umgehst!
Ein erneutes Aufflammen von Corona in China, Krieg innerhalb Europas und eine schwächelnde Industrie in Deutschland in Zeiten hoher Inflation und steigender Zinsen. Das sind ziemlich viele Risiken, die deinem Depot nicht guttun.
Hier sind vier Schritte, die man unserer Meinung nach immer vor Augen haben sollte, wenn der Aktienmarkt einen Rücksetzer erlebt.
Offenlegung: Peter besitzt Aktien von Wirecard. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.