3 Gründe, warum Warren Buffett jetzt doch in die Luftfahrt investiert
Wer gedacht hat, die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten sei die größte Überraschung im November gewesen, der wurde am Montag eines Besseren belehrt. Warren Buffetts Investmentholding Berkshire Hathaway (WKN: A0YJQ2) veröffentlichte nämlich turnusgemäß ihre Aktieninvestments zum 30. September. Und dort tauchten doch tatsächlich mit American Airlines Group, Delta Air Lines und United Continental Holdings drei Fluglinien auf.
Später gab Buffett noch bekannt, ebenfalls in den Billigflieger Southwest Airlines investiert zu haben.
Warum ist das überraschend?
Buffetts Abneigung gegen Fluglinien ist legendär. Er selbst machte 1989 schlechte Erfahrungen mit dem Kauf von Aktien der US Airways. In diesem Zusammenhang ist auch sein bekanntes Zitat aus dem Jahre 2002 zu sehen:
Wenn ein Kapitalist Anfang des letzten Jahrhunderts bei Kittyhawk dabei gewesen wäre, hätte er Orville Wright erschießen sollen. Er hätte seinen Nachkommen viel Geld gespart.
Im Ernst, die Luftfahrtindustrie ist außergewöhnlich. Sie hat in den letzten einhundert Jahren Kapital vernichtet wie keine andere Branche, weil die Leute immer wieder kommen und neues Geld investieren.
Es gibt hohe Fixkosten, starke Gewerkschaften und die Rohstoffpreise. Das ist kein Erfolgsrezept.
Und dennoch hat Berkshire Hathaway viel Geld in diese Unternehmen investiert. Was könnte dahinterstecken?
Möglichkeit 1: Rohstoffpreise
Fluglinien sind wie kaum eine andere Branche abhängig von der Entwicklung des Ölpreises. Die Erträge der Carrier hängen direkt an steigenden oder fallenden Preisen für das Schwarze Gold.
Buffett könnte hier einen Gegenpol zu seiner Beteiligung an der Eisenbahnlinie BNSF suchen. Die gesunkenen Preise, vor allem für Kohle, machen dieser ziemlich zu schaffen, weil der Abbau nicht mehr so attraktiv ist und es weniger zu transportieren gibt. Hier würden also steigende Notierungen helfen.
Wenn die Rohstoffpreise allerdings weiterhin niedrig bleiben, würde Berkshire über die Fluglinien, die dann geringere Kosten hätten, zumindest einen kleinen Ausgleich erreichen.
Möglichkeit 2: Günstige Bewertung
Möglicherweise hat Buffetts Begeisterung auch einfach mit der Bewertung der Aktien zu tun und er sieht hier eine klassische Situation für einen Value-Investor.
Die Luftverkehrsbranche ist bei vielen Anlegern unbeliebt. Ein hoher Wettbewerb, der über die Ticketpreise geführt wird, die Abhängigkeit vom Ölpreis, viele Pleiten in den letzten Jahrzehnten. Die Aktien werden also gemieden – und sind deswegen preiswert.
Alle drei Titel werden derzeit mit Kurs-Gewinn-Verhältnissen zwischen sechs und acht gehandelt und sind damit deutlich günstiger als der Gesamtmarkt. Buffett könnte die Aussichten für die Branche positiver beurteilen als die anderen Marktteilnehmer. Ich denke etwa an einen weiterhin niedrigen Ölpreis, die zunehmende Beliebtheit des Fliegens oder auch weniger Wettbewerbsdruck durch die Konsolidierung in den USA.
Sollte Buffett richtig liegen, könnte er hier Schnäppchenkurse erwischt haben.
Möglichkeit 3: Das war gar nicht Buffett
Vor sechs Jahren übertrug Buffett einen Teil der Verantwortung für das Aktienportfolio von Berkshire an zwei Hedgefonds-Manager, Ted Weschler und Todd Combs. Diese beiden können in eigener Verantwortung handeln.
Betrachtet man die Meldung von Berkshire Hathaway, so haben die drei Aktienpositionen überschaubare Größen:
Fluglinie | Wert zum 30.09.2016 |
American Airlines Group | 797,0 Millionen US-Dollar |
Delta Air Lines | 249,3 Millionen US-Dollar |
United Continental Holdings | 237,8 Millionen US-Dollar |
Zusammen ergibt das einen Wert von knapp 1,3 Milliarden Dollar. Für Berkshire-Verhältnisse ist das ein eher kleines Investment, zudem teilt es sich noch auf drei einzelne Aktien auf.
Das spricht dafür, dass Buffett diese Kaufentscheidung gar nicht selbst getroffen hat, sondern dass es Ted und Todd waren, die hier zugeschlagen haben. In den letzten Jahren hat Buffett eher die richtig großen Deals im deutlich zweistelligen Milliardenbereich getätigt wie Burlington Northern, H.J. Heinz oder Precision Castparts. Da passen die Airlines nicht ins Muster.
Am Ende ist alles Spekulation
Genau wissen wir das alles nicht, hier ist viel Spekulation im Spiel. Wenn wir uns aber anschauen, wie Buffett sein Anlageuniversum in den vergangenen Jahren erweitert hat, etwa um kapitalintensive Unternehmen wie BNSF, so erscheinen die Thesen nicht zu gewagt.
Und was ist mit der Lufthansa?
Bleibt noch die Frage, ob sich Buffett auch für die Deutsche Lufthansa (WKN: 823212) interessieren würde. Vom gesunkenen Ölpreis profitieren auch die Kölner, aber der Wettbewerb in Europa ist unverändert hart. Dazu drücken die Terroranschläge und erneute Streiks der Piloten auf die Stimmung.
Bei einem Aktienkurs von 12,74 Euro (15.11.2016) ergibt sich für 2016 ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von gerade mal 4. Das ist im Vergleich zu den amerikanischen Pendants sehr günstig, zeigt aber auch die niedrigen Erwartungen, die der Markt an die Aktie hat.
Sollte wirklich das niedrige KGV der Kaufgrund gewesen sein, dann könnte die Lufthansa für Berkshire interessant sein. Ansonsten wird man sich in Omaha wohl eher an die heimischen Airlines halten.
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Peter Roegner besitzt Aktien von Berkshire Hathaway. The Motley Fool empfiehlt und besitzt Aktien von Berkshire Hathaway (B-Anteile).