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Übertreibung? Die Suche nach dem teuersten DAX-Wert

Der DAX ist seit dem letzten Sommer um über 20 % gestiegen und pirscht sich an die Allzeithochs heran. Auf diesem erhöhten Niveau sind viele Aktien nicht mehr billig. Aber gibt es Einzelwerte, bei denen eine Übertreibung deutlich sichtbar ist? Ich habe mich auf die Suche nach ihnen gemacht und mir dabei Risiken und Bewertungskennzahlen angeschaut. Das Ergebnis fällt überraschend positiv aus.

Wann ist eine Aktie teuer?

Eine einfache Frage, auf die es leider keine einfache Antwort gibt. Die besten Aktien wirken fast immer teuer und die schlechtesten fast immer billig. Das liegt daran, dass übliche Bewertungskennzahlen, wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), Kurs-Cashflow-Verhältnis (KCV) oder Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) meist nur auf das laufende oder vergangene Geschäftsjahr bezogen werden und damit die langfristigen Aussichten eines Unternehmens ignorieren.

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Trotzdem sind solche Kennzahlen ein guter Ausgangspunkt für die weitere Analyse.

Aktien mit besonders hohem KGV

Die meisten DAX-Werte haben ein relativ unbedenkliches KGV von weniger als 25, bezogen auf den geschätzten Nettogewinn für 2016. Lediglich bei thyssenkrupp (WKN:750000) und Beiersdorf (WKN:520000) sieht das Bild mit 41 bzw. 29 etwas anders aus.

Die zuletzt kriselnde thyssenkrupp brachte einen einschneidenden Umbau hinter sich. Die Essener verstehen sich heute als Technologiegruppe und erwarten für die kommenden Jahre wieder vernünftige Ergebnisse. Schon 2017 soll wieder 1,35 Euro pro Aktie übrig bleiben. 2018 sogar 1,68 Euro, was auf den heutigen Kurs gerechnet einem KGV von lediglich knapp 13 entspräche.

Beiersdorf liefert hingegen mit Nivea, Hansaplast und Tesa seit vielen Jahren stabil ab. Das sind Produkte, die weltweit eine hervorragende Marktstellung haben und immer gebraucht werden, ob Krise oder nicht. Dieses stark reduzierte Risiko wird von den Anlegern mit einer höheren Bewertung honoriert, wobei die Aktie aber auf etwaige Zinssteigerungen sensibel reagieren dürfte.

Aktien mit besonders schwacher Dividendenrendite

Neben den Banken, die alle Zuflüsse für die Stärkung ihrer Kapitaldecke einsetzen müssen, fallen hier Fresenius, Beiersdorf und thyssenkrupp auf. Bei gebeutelten Unternehmen ist es verständlich, dass die Aktionäre leer ausgehen. Auch beim Gesundheitskonzern Fresenius, der traditionell massiv in weiteres Wachstum investiert und damit viel Erfolg hat, habe ich einiges Verständnis.

Bei Beiersdorf allerdings, die ich nicht gerade als Wachstumswert ansehen würde und deren Bilanz bärenstark ist, erscheint es seltsam, dass Aktionäre seit Jahren mit 70 Eurocent abgespeist werden. Der eigentümliche Großaktionär Michael Herz will es so – zum Leidwesen vieler Kleinaktionäre.

Aktien mit besonders hohem KBV

Neben E.ON, die aktuell fast gar kein Eigenkapital mehr hat (vergleiche meinen Artikel vom Dezember) ist hier die ProSiebenSat. 1 Media mit einem KBV von 33 ganz vorne. Gegen den Trend verlor die Aktie der Mediengruppe in den letzten 12 Monaten 17 %, vor allem, weil der Werbemarkt schwächelte. Die Deutsche Bank empfahl sie aber am 16. Dezember mit vermindertem Kursziel weiterhin zum Kauf.

Das schwache Eigenkapital ist damit zu erklären, dass Medienkonzerne viele immaterielle Werte nicht in der Bilanz aktivieren können. Das drückt sich dann in einer extrem hohen Eigenkapitalrendite von 39 % bei ProSieben aus.

Aktien, die in den letzten 6 Monaten besonders stark gestiegen sind

Dieses Ranking wird von den lange Zeit geprügelten Bankwerten angeführt. Die Deutsche Bank (WKN:514000) freut sich über ein Plus von 48 %, bei der Commerzbank (WKN:CBK100) sind es 41 %. Dahinter kommen BMW und Daimler, die wegen der Diesel-Affäre in Geiselhaft genommen wurden.

Alle vier Werte waren aus meiner Sicht stark unterbewertet, insbesondere die Commerzbank, welche extrem unter Buchwert gehandelt wird, und Daimler, bei denen Rekordergebnisse über längere Zeit einfach nicht mehr im Kurs abgebildet wurden. Ein euphorisches Überschießen kann ich auch heute noch nicht erkennen, im Gegenteil.

Aktien mit besonders hoher Marktkapitalisierung

Dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen, konnte 2016 Bayer erfahren. Im Zuge der abenteuerlichen Monsanto-Übernahme mussten der Aspirin-Konzern die kurzfristig übernommene DAX-Spitze schnell wieder abgeben.

Heute ranken sich SAP und Siemens um die Top-Position, die in den letzten Wochen jeweils mit rund 100 Mrd. bewertet wurden. Beide haben ein fantastisches Jahr hinter sich. SAP feierte einen Erfolg nach dem anderen mit seiner HANA-Technologie und Siemens konnte seine Profitabilität erheblich steigern, nachdem sich für eine Reihe von Problemen Lösungen gefunden haben (vergleiche meinen Artikel vom 29. Januar 2016).

SAP und Siemens sind auch zentrale Spieler der Industrie-4.0-Bewegung und punkten zunehmend mit ihren Cloud-Angeboten. Sorgen machen mir die Bewertungen daher nicht.

Aktien mit besonderen Risiken

Neben den Banken, die immer noch anfällig für ein erneutes Zuschlagen der Krise im europäischen Finanzsektor sind, denke ich hier vor allem an die Branche Logistik und Verkehr. Darunter fallen im DAX die Lufthansa und die Deutsche Post (WKN:555200).

Beide leiden darunter, wenn Handelsschranken hochgezogen werden, Terror und Krieg Verkehrsknotenpunkte bedrohen, der Ölpreis hochschießt oder das Personal streikt. Mit vielem davon müssen wir leider auch 2017 wieder rechnen. Die Lufthansa hat passenderweise auch das günstigste KGV im DAX.

Anders sieht es bei der Post aus, die mit ihrem E-Commerce-Distributions-Geschäft sehr erfolgreich unterwegs ist und immerhin ein KGV von fast 15 aufweist. Die Anleger sind offenbar zuversichtlich, dass die vielfach befürchteten Freihandelseinschränkungen die Geschäfte der Bonner nicht beeinträchtigen werden.

Aktien, die jetzt von Analysten zum Verkauf empfohlen werden

Analysten gaben sich zuletzt fast durchweg positiv gestimmt. Nur wenige Verkaufsempfehlungen werden publiziert. Zuletzt riet die UBS von der Lufthansa ab, vor allem wegen steigender Treibstoffkosten. Independent Research nannte vor wenigen Tagen die Deutsche Bank mit Verweis auf die weiterhin schwache Kapitalausstattung und noch bestehende Rechtsstreitigkeiten.

Komplizierter als gedacht

Aus allen Blickwinkeln heraus habe ich mich auf die Suche nach zu teuren DAX-Aktien gemacht und bin nicht wirklich fündig geworden.

Klar, bei der dividendenschwachen Beiersdorf könnte man sich fragen, ob der Kurs auch hält, wenn die Zinsen steigen, während bei Problemkindern wie der Deutschen Bank jederzeit ein Rückschlag denkbar ist. Zudem sind Logistiker diversen externen Risiken ausgesetzt, die zumindest bei der Deutschen Post möglicherweise nicht voll eingepreist sind.

Mein Fazit ist aber ganz klar, dass dieser DAX von einer deutlichen Überbewertung noch weit entfernt ist. Mit einer sorgfältigen Aktienauswahl sollten weiterhin gute Renditen für Anleger drin sein.

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Ralf Anders hält keine Wertpapiere genannter Unternehmen. The Motley Fool empfiehlt Fresenius, BMW und Daimler.



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