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CRISPR: Und die Bedenken erweisen sich doch als richtig!

Foto: Getty Images

Kürzlich hat einer meiner Kollegen von The Motley Fool einen Artikel veröffentlicht, in dem er Entwarnung für Bedenken zu Anwendungen der Genschere CRISPR-Cas9 im Menschen gab. Ein Artikel in Nature Methods vom Mai 2017 deutete darauf hin, dass CRISPR-Cas9 gravierende Nachteile haben könnte, indem die Methode bei der Geneditierung zu viele Fehler mache. Das wurde offiziell revidiert. Schön und gut, aber es gibt andere Argumente, die für absolute Vorsicht bei CRISPR-Aktien sprechen!

CRISPR kurz erklärt

CRISPR (engl. Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats) sind Abschnitte sich wiederholender DNA, die man im Erbgut vieler Bakterien findet. Erstaunlich war, dass Bakterien dieses System als eine Art Immunabwehr vor allem gegen Phagen (Bakterienviren) nutzen.

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Interessanterweise bauen Bakterien fremde DNA von Phagen ins eigene Erbgut in die CRISPR-Bereiche ein. Dieser Bereich wird abgelesen und so ein RNA-Molekül gebildet, das im Zusammenspiel mit verschiedenen Proteinen zukünftig genau diese fremde DNA erkennt. Ein Enzym wie Cas9 zerschneidet dann die fremde DNA, wodurch Phagen nun keine Chance mehr haben, sich in diesen Bakterien zu vermehren.

Diese Vorlage der Natur hat man genutzt, um ein universelles System zu entwickeln, mit dem Gene umgeschrieben (editiert) werden können. Dazu konstruiert man eine geeignete RNA, die der gesuchten DNA-Sequenz entspricht.

Wenn die RNA diese gefunden hat, dockt sie dort an, um den DNA-Doppelstrang genau an dieser Stelle mit der gekoppelten Schere Cas9 zu durchschneiden. Das entsprechende Gen kann gezielt in seiner Funktion blockiert werden oder man tauscht einzelne Bausteine aus oder fügt neue Bausteine hinzu.

Bild: Dr. Stefan Graupner

Diese Technologie machen sich Biotechs wie CRISPR Therapeutics (WKN:A2AT0Z), Editas Medicine (WKN:A2AC4K) und Intellia Therapeutics (WKN:A2AG6H) zunutze, um Verfahren zu entwickeln, die Erbkrankheiten wie Sichelzellanämie, β-Thalassämie, Duchenne-Muskeldystrophie, Zystische Fibrose oder Hämophilie zu heilen. Ziel ist es einfach gesagt, den Gendefekt im Patienten zu reparieren.

ABER …

Grund 1: Neue Technologien brauchen Zeit

Die CRISPR-Cas9-Genschere ist relativ neu, denn sie wurde erst 2012 publiziert. Dass neue Entdeckungen so ihre Schwierigkeiten in der Anwendung haben, zeigt sich beispielsweise auch bei der RNA-Interferenz (RNAi), die 1998 entdeckt wurde und für die es 2006 den Nobelpreis gab.

Alnylam Pharmaceuticals (WKN:A0CBCK) wird vermutlich dieses Jahr das erste Unternehmen sein, das die Zulassung für seinen RNAi-Wirkstoff Patisiran erhalten wird. Das heißt, dass es von der Entdeckung bis zur Zulassung eines ersten Medikaments glatt 20 Jahre gedauert hat. Gründe dafür waren, unter anderem die hohe Immunogenität sowie die Instabilität der Wirkstoffe in den Griff zu bekommen.

Es ist eben oft so, dass neue Technologien viel Zeit brauchen, bis man die Startschwierigkeiten durch viel Puzzlearbeit bewältigt hat. Und Forschung ist darüber hinaus notwendig, um die Technologie bis ins kleinste Detail zu verstehen, um Überraschungen zu vermeiden.

Grund 2: Klinische Daten fehlen

Bisher gibt es noch keine (!) klinischen Daten zur Anwendung von CRISPR, und klinische Tests sind bisher lediglich in der Planung aller führenden Firmen. Zu investieren, ohne Daten zur Bewertung zu haben, ist deshalb genau genommen Glücksspiel.

Das heißt nichts anderes, als dass die drei genannten CRISPR-Unternehmen alle wertlos sein könnten, wenn sich zeigt, dass eine Anwendung im Menschen nicht funktioniert, nicht praktikabel ist, unerwünschte Nebeneffekte zeigt etc. Aus Foolisher Sicht würde ich hier von einem Investment erst einmal abraten.

Grund 3: Es gibt schon alternative etablierte Geneditierungsmethoden

CRISPR-Cas9 hat den Vorteil, sehr einfach und schnell im Vergleich zu anderen Methoden zu sein. Das ist gut als Werkzeug für Forscher, spielt aber eine untergeordnete Rolle in der Pharmawelt. CAR-T-Unternehmen wie Bluebird Bio (WKN:A1W025) oder Cellectis (WKN:A0MKPR) setzen eine Technologie namens Talen (engl. Transcription activator-like effector nucleases) ein, um T-Zellen gentechnisch zu verändern.

Dabei dauert die Etablierung von Talen ca. 3 Monate, während dasselbe mit CRISPR/Cas9 nur wenige Tage dauern würde. Aber ist die Methode einmal etabliert, macht es keinen Unterschied mehr. Und in der industriellen Pharmawelt spielt ein solcher Zeitgewinn von 3 Monaten bei einer Entwicklungszeit für neue Medikamente von ca. 10 Jahren keine Rolle. Wichtiger sind Verfahren, die man kennt und auf die man sich verlassen kann.

Zudem gibt es noch sogenannte Zinkfingernukleasen, die von Unternehmen wie Sangamo Therapeutics (WKN:936386) eingesetzt werden, das Partnerschaften mit so namhaften Unternehmen wie Gilead Sciences (WKN:885823), Pfizer (WKN:852009) und Sanofi (WKN:920657) hat.

Grund 4: CRISPR könnte Immunreaktionen auslösen

Forscher der renommierten Stanford University haben am 05.01.2018 online publiziert, dass CRISPR-Cas9 im Menschen Immunreaktionen hervorrufen könnten, die das Verfahren grundsätzlich in Frage stellen.

Das verwendete Cas9-Protein stammt nämlich aus Bakterien der Gattungen Staphylococcus und Streptococcus, die beide typische Kommensale und häufig auch Krankheitserreger beim Menschen sind.

Zumindest die Anwendung im Patienten wird in Frage gestellt, denn Antikörper würden sofort an Cas9 binden und es damit inaktivieren. Zudem würden T-Zellen aktiviert, die eine so heftige Immunreaktion hervorrufen könnten, dass sie im schlimmsten Fall zum Tode führen kann. Ähnliches hat man bei CAR-T-Zelltherapien in Form von Zytokinstürmen oder Hirnschwellungen gesehen.

Grund 5: Bewertung der Unternehmen

In Tab. 1 ist die Marktkapitalisierung der drei führenden CRISPR-Biotechs mit Stand 10.4.2018 angegeben. Wenn man diese Bewertungen im Kontext anderer Biotech-Unternehmen und ihrer Pipeline betrachtet, so ergibt sich für mich nur ein Fazit: die Bewertungen für CRISPR-Unternehmen sind mit dem Hintergrund völlig fehlender klinischer Daten maßlos überzogen.

UnternehmenMarktkapitalisierung in Mio. US-Dollar
CRISPR Therapeutics2116
Editas Medicine1503
Intellia Therapeutics889

Tab. 1 Marktkapitalisierung (Quelle: Yahoo Finanzen)

Sollten sich erste Stolpersteine in klinischen Phasen zeigen, was meines Erachtens völlig normal für solch eine neuartige Technologie ist, dann wäre mit starken Kursabschlägen zu rechnen, und nach dem Hype würde die Ernüchterung folgen. Deshalb rate ich eher zum Abwarten an der Seitenlinie.

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Stefan Graupner besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Alnylam Pharmaceuticals, Bluebird Bio und Gilead Sciences. The Motley Fool besitzt die folgenden Optionen: Short Mai 2018 $85 Calls auf Gilead Sciences. The Motley Fool empfiehlt Editas Medicine.



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