1 Grund, warum die Lufthansa-Aktie bald wieder durchstarten könnte
Mit einer mittelgroßen Portion Verwunderung verfolge ich seit einiger Zeit die Kursentwicklung bei der Aktie der Lufthansa (WKN:823212). Seit dem Hoch im Januar 2018 sackte die Aktie um über 24 % in sich zusammen (Stand: 07.05.2018). Im selben Zeitraum korrigierte der DAX nur um etwa 8 %. War die Lufthansa-Aktie zuvor etwa übers Ziel hinausgeschossen und korrigiert nun von einem hohen Niveau? Kann die Aktie bald vielleicht wieder durchstarten?
Schwierige Prognosen
Auf den ersten Blick ist die Aktie spottbillig. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 6,13 (2017) bewegt sich in Bereichen, die andere Aktien längst hinter sich gelassen haben. Mit der Amortisation eines Investments in die Lufthansa wäre derzeit wahrscheinlich eher zu rechnen als mit der Eröffnung des Berliner Flughafens. Im Vergleich dazu ist der DAX mit einem KGV von 13,08 (laut boerse.de) mehr als doppelt so teuer.
Neben dem einstelligen KGV sprechen auch andere Faktoren für die Lufthansa. Gemessen an der Anzahl der Passagiere ist die Lufthansa seit 2018 die größte Airline Europas. Konkurrent Ryanair (WKN:A1401Z) musste den Thron räumen. Außerdem ist das Unternehmen mit Fracht-, Mittel- und Langstreckenverkehr breit aufgestellt.
Vielleicht könnten die düsteren Prognosen der Grund für den Pessimismus der Anleger sein. Viel besser als 2017 soll das Ergebnis pro Aktie (5,03 Euro in 2017) in den nächsten Jahren nämlich nicht werden. Nicht viel schlechter, aber eben auch nicht viel besser. Da an der Börse vor allem die Zukunft gehandelt wird, scheint es demnach aktuell wenig Luft für kräftige Kurssprünge zu geben.
Doch müssen die Prognosen zwangsläufig eintreffen? Immerhin sind Prognosen schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen. Das wusste schon Niels Bohr.
Der Ölpreis als Spielverderber
Ich denke, ein entscheidender Treiber der übertrieben schlechten Kursentwicklung der Lufthansa-Aktie ist der Ölpreis. Seit dem Tief im Februar 2016 verteuerte sich Öl der Sorte WTI um 170 % (Stand 06.05.2018). Wie jeder weiß, benötigen Flugzeuge für den Betrieb Kerosin, und das basiert eben auf Erdöl.
Laut eigenen Angaben benötigte die Lufthansa 2016 auf Langstrecken 3,66 Liter Treibstoff pro Passagier, pro 100 km. Die Tochtergesellschaften SWISS und Austrian Airlines kamen bei Langstrecken auf 3,12 Liter bzw. 3,07 Liter Treibstoff pro Passagier, pro 100 km. Das klingt sparsam. Oder vielleicht doch nicht?
Ein A380-800 der Lufthansa hat Platz für 509 Fluggäste. Bei maximaler Belegung wären das bei einem Verbrauch von 3,66 Liter pro Passagier etwa 1.863 Liter Kerosin pro 100 km. Die Entfernung zwischen New York und Paris beträgt etwa 5.839 km. Für eine Reise von Paris nach New York mit dem A380-800 müsste die Lufthansa demnach 108.781 Liter Kerosin einplanen. Bei solch enormen Mengen werden Preissteigerungen beim Kerosin vermutlich nicht spurlos an den Gewinnen des Unternehmens vorbeigehen. Offensichtlich rechnet auch niemand damit, dass höhere Betriebsausgaben eins zu eins an die Kunden weitergegeben werden können. Kein Wunder, bei dem harten Wettbewerb um volle Flieger mit Konkurrenten, deren Flugzeuge meist auch von Airbus (WKN: 938914) oder Boeing (WKN: 850471) kommen, und daher auf den ersten Blick nicht viel besser oder schlechter fliegen.
Interessante Signale vom Terminmarkt
Erdöl wird, wie viele andere Rohstoffe auch, an Terminbörsen gehandelt. Im Zeichen der Transparenz veröffentlicht die Commodity Futures Trading Commission (kurz CFTC) seit 1986 einen wöchentlichen Bericht über die Positionierung der Marktteilnehmer auf verschiedenen Terminbörsen – den sogenannten Commitments of Traders Report (kurz CoT-Report). Der Bericht wird jeden Freitag veröffentlicht und beinhaltet Daten vom vorherigen Dienstag. Die Zahlen sind demnach schon bei der Veröffentlichung nicht mehr ganz aktuell.
Bei den Marktteilnehmern wird zwischen drei Gruppen unterschieden:
- Commercials – z. B. Erdölfirmen, die ihre Produktionskosten über die Terminbörse absichern („hedgen”)
- Non-Commercials – Großspekulanten, z. B. die allseits bekannten „Hedge Fonds”
- Non-Reportable – Kleine Spekulanten, die nicht meldepflichtig sind
Ein Blick auf die Daten der in London ansässigen Terminbörse ICE Futures verrät, dass die Commercials am 01.05.2018 mit 371.791 Kontrakten Long und mit 428.077 Kontrakten Short bei Erdöl der Sorte WTI positioniert waren. Das ergibt eine Netto-Short-Positionierung von 56.286 Kontrakten.
Die Großspekulanten waren am 01.05.2018 mit 112.528 Kontrakten Long und mit 59.792 Kontrakten Short bei Erdöl der Sorte WTI. Das bedeutet, dass sich diese Gruppe von Marktteilnehmern netto mit beinahe doppelt so vielen Kontrakten auf der Long-Seite positioniert hat. Im Vergleich zur Woche davor kamen gar drei Mal so viele Long-Kontrakte wie Short-Kontrakte hinzu.
Scheinbar spekulieren die „Big Boys“ derzeit insgesamt auf weiter steigende Ölpreise. Gleichzeitig sichern sich die Commercials gegen einen fallenden Ölpreis ab. Meiner Meinung nach könnte die recht einseitige Positionierung der Großspekulanten das Signal für eine überraschende Wende beim Ölpreis sein.
Wie würde dieses Szenario konkret aussehen? Nun, es wäre gut möglich, dass die Großspekulanten den Ölpreis mittelfristig so stark nach oben treiben, dass sich die Produzenten dazu berufen fühlen, den Ölhahn kräftig aufzudrehen. Das würde mehr Angebot im Markt erzeugen. Bei steigendem Angebot und konstanter Nachfrage sollte der Preis sinken. Sofern den Großspekulanten nicht unendlich viel Kapital zur Verfügung steht, was ich nicht vermute, werden diese beim ersten kräftigen Preiseinbruch ihre Long-Kontrakte auflösen. Das würde für zusätzlichen Preisdruck sorgen.
Wenn das passiert, können sich die Prognosen für die nächsten Jahre blitzartig aufhellen. Dann könnte die Lufthansa-Aktie wieder durchstarten. Soweit die Theorie.
Alles kann, nichts muss
Ist das jetzt das Signal zum Einstieg in die Lufthansa-Aktie?
Ich denke, der CoT-Report kann ein wichtiger Baustein einer Investitionsentscheidung sein. Aber nicht der einzige. Ein Luftfahrtunternehmen besteht ja nicht nur aus Kerosin. Faktoren wie Marke, Management und Innovationsfähigkeit spielen meiner Meinung nach eine ebenso große, wenn nicht sogar eine größere Rolle.
Investoren, die sich nur am Ölpreis stören, aber sonst alle ihre Anforderungen erfüllt sehen, sollten meiner Meinung nach auch die Positionierungen an den Terminbörsen beobachten und in ihre Unternehmensbewertung mit einfließen lassen. Nicht als einzige Information, sondern als eine Information unter vielen weiteren Informationen.
Kann der CoT-Report uns generell dabei helfen, besser zu investieren? Ich finde grundsätzlich, dass man als Investor nie genug Informationen haben kann. Warum nicht auch ab und zu den „Big Boys“ über die Schulter schauen?
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Stefan besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.