Der Preis eines Bitcoins entspricht einem Gebrauchtwagen, sein Wert eher einem Matchbox-Auto
Nachdem der Bitcoin-Kurs seit den Allzeithochs nun um zwei Drittel eingebrochen ist, wirkt er jetzt auf den ersten Blick fast billig. Das ist aber eine optische Täuschung.
Vom Preis und Wert der Dinge
Manchmal täuschen wir uns, aber bei den meisten Sachen, die wir kaufen, übertrifft der Wert für uns den Preis. Warum sonst sollte man sein hart verdientes Geld hergeben? Denn wie heißt es so schön: „Der Preis ist, was du bezahlst, der Wert ist, was du bekommst.“
Was für Sachen gilt, gilt genauso für Wertpapiere und andere Anlage- und Investitionsobjekte. Wenn ich beispielsweise SAP (WKN:716460)-Aktien kaufe, denke ich, dass ihr Wert um einiges über dem aktuellen Kurs liegt. Auch jemand, der sich Bitcoins in sein Wallet transferieren lässt, glaubt wahrscheinlich, dass er sie später teurer verkaufen oder für etwas Wertvolleres einsetzen kann.
Nun lässt sich leicht bestimmen, wie hoch der Preis eines Bitcoins ist: Aktuell (15. Juni) sind es 5.717 Euro bzw. 6.635 US-Dollar oder auch 12,83 Ether. Für diejenigen, die mit solchen Währungspaaren traden, sind das lediglich irgendwelche Zahlen — es kommt ja nur auf die Kursbewegungen an.
Aber lass uns doch die Zahlen mal in Ruhe aus etwas Distanz betrachten und überlegen, was das eigentlich bedeutet: 5.717 Euro reichen locker für vier top-aktuelle Huawei Mate RS Porsche Design oder gleich dreißig Honor 9 Lite Smartphones. Der Betrag reicht für eine schöne Wohnzimmerausstattung, einen gebrauchten Kleinwagen oder einen netten Familienurlaub mit All-inclusive.
Die „ewige“ Illusion
Die meisten von uns müssen für 5.717 Euro monatelang sparen. Trotzdem gibt es Stimmen, die sich überzeugt geben, dass der Bitcoin-Kurs schon bald wieder neue Hochs erklimmen würde. Rodrigo Marques beispielsweise glaubt, dass die Marke von 20.000 US-Dollar noch in diesem Jahr gerissen wird. Die Prognose ist allerdings nicht ganz uneigennützig: Der Mann betreibt eine Handelsplattform in Brasilien.
Nach meiner Einschätzung sind es sowieso diese Kryptobörsen, welche Bitcoin und Co. am Leben halten. Sie partizipieren an jedem Trade und können es sich sogar leisten, den Markt zu stützen, wenn notwendig. Mit ein paar flankierenden Pressemeldungen zu einzigartigen charttechnischen Turnaroundchancen oder dem möglichen Einstieg einer Großbank lässt sich wunderbar am Auf und Ab eine goldene Nase verdienen.
Das funktioniert freilich nur, solange die Illusion aufrechterhalten werden kann, dass ein Bitcoin eigentlich so viel wert wie ein Kleinwagen sein sollte — oder gleich wie ein Luxusschlitten, wenn man Typen wie Tim Draper oder John McAfee zuhört. Das ist aber grober Unsinn, wie ich finde.
Der eigentliche Wert eines Bitcoins
Tatsächlich liegt der Wert nämlich eher im Bereich eines Matchbox-Autos. Im Gegensatz zur landläufigen Meinung ist es nämlich grundsätzlich gar nicht so kompliziert, die Bitcoin-Blockchain zu pflegen. Dafür braucht es keine Megarechenzentren auf Island oder sonst wo. Ein paar Dutzend leistungsstarke PCs würden völlig ausreichen. Für die reine Pflege sogar noch weniger, aber um die Zuverlässigkeit des dezentralen Systems sicherzustellen, ist es schon nötig, dass eine gewisse Vielfalt an Teilnehmern besteht.
Der Grund liegt darin, dass die Schwierigkeit des sogenannten Kryptorätsels je nach verfügbarer Rechenleistung im Teilnehmernetzwerk stufenlos steuerbar ist. Sinkt der Bitcoin-Preis, dann wird das Mitmachen unwirtschaftlich, diejenigen mit den teuersten Betriebskosten scheiden aus und die Schwelle wird gleichzeitig etwas abgesenkt. Das geht letztlich so lange, bis wir am Boden ankommen. Lass mich an einer kleinen Rechnung verdeutlichen, was ich damit meine:
Im Moment werden mit einem Heidenaufwand pro Jahr etwa 650.000 zusätzliche Bitcoins in die Wallets der erfolgreichen Schürfer gebucht (früher mit viel weniger Aufwand ein Vielfaches davon!). Angenommen, die Bitcoin-Infrastruktur würde mit völlig ausreichenden 65 Computern betrieben, die jeweils mit spezieller stromsparender Mining-Hardware ausgestattet sind, und setzen wir weiterhin 20.000 Euro pro Jahr und Einheit an, die für die Investitionen, den Strom, die Datentransfers und den Arbeitsaufwand anfallen, dann kommen wir in der Summe auf Gesamtkosten für den jährlichen Bitcoin-Betrieb in Höhe von 1,3 Mio. Euro.
Teilen wir diesen Betrag durch die ziemlich fixe Anzahl jährlich „geschürfter“ Bitcoins, dann ergibt sich ein Wert von 2 Euro — meine Prognose für den Bitcoin-Preis in nicht allzu ferner Zukunft. Und dafür gibt es eine wunderschöne gelbe Matchbox-Corvette!
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Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.