Alphabet-Aktie: 50-Prozent-Crash durch das Netflix-Virus?

Wenn die Tage kürzer und die Nächte kälter werden, stellt die Natur ihr Wachstum auf Sparflamme. Man könnte meinen, Alphabet (WKN: A14Y6F, A14Y6H) hätte sich in dieser Hinsicht etwas von der Natur abgeschaut. Denn der jüngste Quartalsbericht der Google-Mutter zeigte ein Umsatzwachstum von gerade einmal 6 % an, was – mit einer Ausnahme im Corona-Crash – der schlechteste Wert der letzten zehn Jahre ist. Der Gewinn je Alphabet-Aktie fiel, ähnlich wie braunes Laub von den Bäumen, auf nur 1,06 US-Dollar, von 1,40 US-Dollar im Vorjahreszeitraum.
Für die größten Verstimmungen am Aktienmarkt sorgte das überraschende Umsatzminus beim Videoportal YouTube. Tech-Investoren wissen, was der Alphabet-Aktie blühen könnte: Der von negativem Nutzerwachstum geplagte Streaming-Konzern Netflix (WKN: 552484) musste einen Absturz seines Aktienkurses um 58,5 % gegenüber dem 52-Wochen-Hoch verkraften.
Die Alphabet-Aktie steht mit einem Minus von 31,0 % noch deutlich besser da. Um die Netflix-Aktie einzuholen, müsste der Kurs um fast die Hälfte einbrechen. Ist das tatsächlich möglich?
Große Flaute im Werbemarkt
Trotz größter Anstrengungen, das Geschäftsmodell auf eine breitere Basis zu stellen, ist die Alphabet-Aktie stark abhängig von der Ausgabenlaune der Marketingabteilungen dieser Welt. Aufgrund der unsicheren wirtschaftlichen Lage herrscht hier derzeit Ebbe. Deshalb stagnierten die Werbeumsätze der Google-Mutter im Vorjahresvergleich.
Weiterhin belastet derzeit der starke US-Dollar die Finanzen des stark international tätigen Konzerns, da beispielsweise in Europa erwirtschaftete Gewinne bei Umrechnung in die Heimatwährung weniger ins Gewicht fallen.
Hierbei handelt es sich erst einmal nur um kurzfristige Einflussfaktoren. Langfristige Investoren der Alphabet-Aktie sollten den Schwankungen der Weltwirtschaft keine allzu große Bedeutung beimessen. Eine gewisse Wachstumsflaute ist nach den starken Wachstumsraten 2021 verzeihbar.
Alphabet-Aktie: Nicht mehr am Puls der Zeit?
Dennoch muss sich das Management der Alphabet-Aktie ankreiden lassen, nicht mehr wirklich zu den erfolgreichsten digitalen Innovatoren zu gehören. Viele Projekte des Digitalkonzerns verenden im Entwicklungsstadium oder sterben kurz nach Markteinführung einen leisen Tod. Es scheint an einer klaren Strategie zu mangeln, wie man weniger abhängig vom Werbegeschäft werden und die nächste Wachstumsstufe zünden will.
Ein aktuelles Beispiel liefert das frühe Ende des Videospiele-Streamingangebots „Stadia“. Manche werfen dem Konzern vor, das Produkt am Kunden vorbei entwickelt zu haben, ohne klaren Mehrwert und ohne klare Zielgruppe. Nicht das erste Mal, dass Managementfehler das Aus für technisch eigentlich wettbewerbsfähige Alphabet-Produkte bedeuten. Andere Beispiele sind die Messaging-Dienste „Hangouts“ und „Allo“, der Musikstreaming-Anbieter „Google Play Music“ und das soziale Netzwerk „Google+“.
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Auf der bis vor Kurzem noch wachstumsträchtigen Plattform YouTube ärgern sich Nutzer über immer häufiger und länger scheinende Werbeeinblendungen, während Content Creator den Streaming-Dienst schon lange für sein undurchsichtiges Verhalten beim Sperren von Inhalten kritisieren und sich in Teilen abwenden.
Der neue Wachstumsmotor der Alphabet-Aktie, die Cloud-Sparte, wuchs zwar – doch ebenso wuchs ihr Verlust. Im Gegensatz zu Microsoft und Amazon schafft es Alphabet nicht, im Geschäft mit der Datenwolke profitabel zu sein.
Droht der Alphabet-Aktie ein Netflix-Crash?
Die obigen Punkte könnten Gründe sein, zu hinterfragen, ob die Alphabet-Aktie wirklich für so ein großartiges Unternehmen steht, wie es oft heißt. Doch mit einem Crash à la Netflix-Aktie rechne ich hier derzeit nicht.
Denn im Kerngeschäft verfügt die Google-Mutter weiter über eine herausragende Marktposition. Eine Vielzahl von Diensten des Konzerns besitzt mehr als 1 Milliarde Nutzer. Yahoo! Finance beziffert den freien Cashflow der Alphabet-Aktie in den letzten zwölf Monaten auf 65,2 Mrd. US-Dollar. Bei Netflix sind es 0,7 Mrd. US-Dollar. Die finanzielle Stärke des Suchmaschinenkonzerns ist deutlich besser.
Die Wachstumszahlen der Vergangenheit wird Alphabet wohl nicht wieder erreichen können. Doch das muss sie auch gar nicht: Denn angesichts eines Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 18,9 (Stand: 25. Oktober 2022) preist der Aktienmarkt bei der Alphabet-Aktie gewiss keine gewaltigen Wachstumssprünge ein.
Die gute Seite der schwachen operativen Performance lautet: Von nun an kann Alphabet eigentlich nur noch positiv überraschen.
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Christoph Gössel besitzt Aktien von Alphabet (C-Aktien) und Amazon. Suzanne Frey, eine Führungskraft bei Alphabet, ist Mitglied des Vorstands von The Motley Fool. John Mackey, CEO von Whole Foods Market, einer Amazon-Tochter, ist Mitglied des Vorstands von The Motley Fool. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Alphabet (A- und C-Aktien), Amazon, Microsoft und Netflix.