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Ist die Schweizer Gen-Schmiede CRISPR Therapeutics ein Schnäppchen?

Genetisches Material
Foto: Getty Images

Die Erfinder der „CRISPR/Cas9“-Genschere haben längst den Nobelpreis verdient, doch die Patentsituation ist leider immer noch unklar, so dass das Nobelkomitee zögert. Eine der Erfinderinnen ist Emmanuelle Charpentier, die neben ihrer Tätigkeit am Berliner Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie Mitgründer von CRISPR Therapeutics (WKN:A2AT0Z) ist. Der disruptive Charakter ihrer Erfindung ist unbestritten, doch wo steht das Unternehmen in der klinischen Forschung, um schwerste Krankheiten heilen zu können?

Was ist CRISPR?

CRISPR steht für „Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats”. Das sind nichts anderes als Abschnitte sich wiederholender DNA, die man im Erbgut vieler Bakterien findet. Erstaunlich war, dass Bakterien dieses System als eine Art Immunabwehr vor allem gegen Phagen (Bakterienviren) nutzen.

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Interessanterweise bauen Bakterien fremde DNA von z. B. Phagen ins eigene Erbgut in die CRISPR-Bereiche ein (wenn sie dann noch nicht tot sind). Dieser Bereich wird abgelesen und so ein RNA-Molekül gebildet, das im Zusammenspiel mit verschiedenen Proteinen zukünftig genau diese fremde DNA erkennt. Ein Enzym wie Cas9 zerschneidet dann die fremde DNA, wodurch Phagen nun keine Chance mehr haben, sich in diesen Bakterien zu vermehren.

Somit können Bakterien also durch den CRISPR-Mechanismus Immunität gegen bestimmte Phagen erwerben und die so erworbene Immunität sogar weitervererben, da sie virusspezifische Information im eigenen Erbgut gespeichert haben, die in allen Nachkommen zur Virusabwehr eingesetzt werden kann.

Diese Vorlage der Natur hat man genutzt, um ein universelles System zu entwickeln, mit dem Gene umgeschrieben (editiert) werden können. Dazu konstruiert man eine geeignete RNA, die der gesuchten DNA-Sequenz entspricht.

Wenn die RNA diese „gefunden“ hat, dockt sie dort an, um den DNA-Doppelstrang genau an dieser Stelle mit der gekoppelten „Schere“ Cas9 zu durchschneiden. Das betreffende Gen kann in Folge so in seiner Funktion blockiert werden oder man tauscht einzelne Bausteine aus oder fügt neue Bausteine hinzu.

Klinisches Programm von CRISPR Therapeutics

Die zugrundeliegende Vision von Unternehmen wie CRISPR Therapeutics ist es eben nicht, wie so oft nur die Auswirkungen von Krankheiten zu mildern, sondern diese auf molekularer Ebene im Erbgut zu heilen. Es gibt tatsächlich mehr als 10.000 bekannte Krankheiten, die auf einem einzelnen Gendefekt beruhen.

CRISPR Therapeutics sieht den Nutzen seiner Geneditierung in zwei grundsätzlich verschiedenen Bereichen. Zum einen können Blutzellen aus Patienten isoliert, der Defekt mit CRISPR/Cas9 repariert und nach Vermehrung der heilenden Zellen in den Patienten zurückgebracht werden.

Auf Organebene kann man hingegen das CRISPR/Cas9-Therapeutikum in z. B. Lipid-Nanopartikel verpacken und dann in das erkrankte Organ spritzen. Diese Methode ist meiner Meinung nach im Gegensatz zur vorherigen aber viel komplexer und steckt absolut noch in den Kinderschuhen.

In der Pipeline befinden sich daher auch an vorderster Front Indikationen mit Gendefekten von Blutzellen wie die schwere Form der Beta-Thalassämie, bei der eine Störung der Synthese von Hämoglobin (Blutfarbstoff) vorliegt. Die Ultima Ratio ist hier bisher eine Knochenmarktransplantation.

Hier besteht eine Kooperation mit Vertex Pharmaceuticals (WKN:882807) wie auch bei Sichelzellanämie, bei der die roten Blutkörperchen durch eine einzelne Mutation sichelförmig verformt sind und daher weniger Sauerstoff binden können. Beide Programme sollen in 2018 in die Klinische Phase I gehen.

Darüber hinaus gibt es Kooperationen mit Casebia Therapeutics, einem Joint Venture zwischen CRISPR Therapeutics und Bayer (WKN:BAY001) zum schweren kombinierten Immundefekt sowie Hämophilie.

Mit Vertex als der Spezialist zum Thema Mukoviszidose gibt es natürlich auch ein Entwicklungsprojekt samt Lizenzvereinbarung, falls sich der Gendefekt bei dieser schweren Stoffwechselstörung beheben lässt. Sollte dies möglich sein, wären Medikamente obsolet und echte Heilung in Sicht.

Die aktuelle Wettbewerbssituation

Auch wenn die CRISPR/Cas9-Technologie Nobelpreis-verdächtig ist, so gibt es doch andere etablierte Geneditions-Verfahren. Das Schöne an CRISPR ist die einfache Anwendung, so dass vor allem in der akademischen Forschung jedes Labor die Technik einsetzen und schnelle Resultate erzielen kann. So ist z. B. das Herstellen transgener Tiere sehr viel schneller möglich. Zudem wird die Technik selbst weiter verbessert und optimiert, gerade auch hinsichtlich der Präzision.

Denn sogenannte Off-Target Effekte, unspezifische Veränderungen der DNA, sind noch ein Problem mit CRISPR/Cas9. TALEN (Transcription activator-like effector nuclease) ist derzeit noch sehr viel präziser als CRISPR/Cas9, wenn auch aufwändiger. Daher lohnt sich CRISPR für Screenings etc., aber wenn es zur industriellen Anwendung kommt, dann ist TALEN derzeit besser.

Deshalb kommt TALEN auch genau dort zur Anwendung, wo Präzision absolutes Muss ist. Und deshalb nutzen CAR-T-Unternehmen wie Cellectis (WKN:A0MKPR), Adaptimmune Therapeutics (WKN:A14SUX) oder bluebird bio (WKN:A1W025) für ihre Zelltherapie-Verfahren Talen statt CRISPR/Cas9.

Unternehmen wie Editas Medicine (WKN:A2AC4K) oder Intellia Therapeutics (WKN:A2AG6H) sind zwar in ähnlichen Feldern wie CRISPR Therapeutics aktiv, allerdings sind die Anwendungen so vielfältig, dass man sich nicht ins Gehege kommen muss.

Fazit

Die Programme von CRISPR Therapeutics sind noch nicht in präklinischen Studien und daher noch sehr am Anfang. Das Potenzial ist riesig, doch gibt es noch erheblichen Forschungs- und Entwicklungsbedarf, um mit einer ersten Therapie den Beweis für das Funktionieren dieser neuen Technologie zu liefern.

Die Marktkapitalisierung von über 600 Mio. Euro (Stand 6.11.2017) ist sportlich und spiegelt die hohen Erwartungen an diese Technologie wider. Dennoch sind sich die meisten Experten einig, dass noch viel Zeit vergehen wird, bis CRISPR/Cas9 in industriellen Prozessen wie Gentherapie, Zelltherapie und Immuntherapie Anwendung finden und TALEN verdrängen wird.

Und noch länger wird es wohl brauchen, bis CRISPR/Cas9 wirklich als Gentherapie zur Heilung schwerwiegender Gendefekte wie Mukoviszidose eingesetzt werden kann. Daher sehe ich CRISPR Therapeutics zurzeit eher nicht als Schnäppchen.

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Stefan Graupner besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von bluebird bio. The Motley Fool empfiehlt Editas Medicine und Vertex Pharmaceuticals.



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