Commerzbank ohne Bund: Drei Zukunftsszenarien für Investoren
Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist. Die Redensart gilt für viele Bereiche im Leben (nun, vielleicht nicht unbedingt für Aktiengeschäfte). Aber Spaß beiseite, denn abgesehen von hohen Kursgewinnen gibt es natürlich auch andere Gründe, warum Investoren sich aus ihren Beteiligungen zurückziehen.
Der Bund zum Beispiel ist kein klassischer Investor und beteiligte sich über den Finanzmarktstabilisierungsfonds (SoFFin) an der Rettung der Commerzbank (WKN:CBK100), um das Institut im Zuge der Bankenkrise zu retten.
Aktuell ist die Bundesrepublik noch mit ca. 15 % an dem Frankfurter Geldhaus beteiligt. Klar ist, dies wird nicht so bleiben, auch wenn der aktuelle Kursverlauf den Ausstieg sicher nicht beschleunigen wird. Die Bundesregierung hat es mit dem Ausstieg aus der Commerzbank sicher nicht eilig, schließlich geht es darum, bei einem für den Steuerzahler attraktiven Preis auszusteigen.
Ich denke, sie werden verkaufen, sobald der Aktienkurs es zulässt. Der Bund ist bei der Commerzbank definitiv kein langfristiger strategischer Investor.
Ich kann mir drei Käufer der Anteile vorstellen:
Variante 1: Die alpine Lösung
Die Schweiz ist bekannt für Schokolade, Käse, Uhren und natürlich Banken. Es sollte daher keinen Investor überraschen, dass die UBS (WKN:A12DFH) als relevanteste Großbank aus der Schweiz sich den deutschen Markt sehr genau anschaut.
Dass UBS wirtschaftlich in der Lage wäre, den Staatsanteil an der Commerzbank zu übernehmen, steht außer Frage. Interessant ist zudem, dass der ehemalige Commerzbank-CEO Martin Blessing mittlerweile als Co-President Global Wealth Management selbst in die Konzernleitung der UBS wechselte.
Bereits im Jahr 2013 hatte der damalige Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit dem UBS-Verwaltungsratspräsidenten Axel Weber bezüglich einer Übernahme des Staatsanteils an der Commerzbank verhandelt.
Meine Einschätzung: Unwahrscheinlich.
Die UBS wird kaum Interesse haben, den Staatsanteil der Commerzbank zu übernehmen. Eine Übernahme des Wealth-Managements könnte für sie vielleicht interessant sein. Denn dort sind sie in der Schweiz stark, jedoch nicht in Deutschland.
Aber: Dass die Commerzbank sich wiederum gänzlich aus dem Geschäft mit vermögenden Privatkunden zurückzieht, kann ich mir persönlich ehrlich gesagt nicht vorstellen. Zumal der direkte Mitbewerber Deutsche Bank (WKN:514000) vor einigen Jahren mit der Übernahme der Privatbank Sal. Oppenheim sein Wealth Management sogar noch ausgebaut hat.
Eine private Großbank ohne Vermögensverwaltung könnte wohl keine führende Position in Deutschland einnehmen.
Variante 2: Die französische Lösung
Mit BNP Paribas (WKN:887771) und der Société Générale (WKN:873403) stehen bei unseren französischen Nachbarn gleich zwei große Banken bereit, die für einen Einstieg bei der Commerzbank in Frage kommen.
Beide Institute sind bereits mehr oder weniger stark in Deutschland vertreten. Privatkunden ist SocGen vor allem im Retail-Banking mit der Hanseatic Bank ein Begriff, BNP hat in Deutschland eine starke Position im Corporate & Institutional Banking sowie Asset Management.
Meine Einschätzung: Eine grenzüberschreitende Beteiligung wäre im Falle SocGen vorstellbar, vermutlich aber nicht mit der Commerzbank.
Aktuelle Medienberichte deuten eher darauf hin, dass die Franzosen eventuell ein Zusammengehen mit der italienischen Großbank UniCredit (WKN:A2DJV6) durchspielen. Dies wäre dann auch ein Merger auf Augenhöhe, denn beide Institute sind etwa mit 30 Milliarden Euro bewertet.
Dennoch macht die italienische Schuldenkrise auch so einen Deal im Moment nicht unbedingt einfacher. Unabhängig davon hat SocGen bei der Commerzbank einen großen Deal abgeschlossen und die ETF-Sparte ComStage übernommen
BNP Paribas hingegen käme meiner Ansicht nach von den bisher genannten ausländischen Lösungen am ehesten in Frage. BNP-Deutschland-CEO Lutz Diederichs betrachtet Deutschland neben Frankreich als den wohl wichtigsten Markt in Europa.
Bis 2020 wollen die Franzosen ihre Umsätze um weitere acht Prozent erhöhen. Diese Pläne sind ambitioniert und vermutlich nicht allein durch organisches Wachstum zu erreichen. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass BNP auf das große Filialnetz der Commerzbank schielt, um es als Vertriebskanal zu nutzen. Derzeit wickeln sie das B2C-Geschäft in Deutschland wesentlich über ihre Marken Consorsbank bzw. Consors Finanz ab.
Ein ähnliches Modell gab es in der Vergangenheit mit der Allianz. Diese hielt zuletzt einen Minderheitsanteil an der Commerzbank und nutzte deren Filialen als ergänzenden Vertriebskanal zu den bereits bestehenden Allianz-Agenturen.
Zwar würden in diesem Falle zwei Banken eine Vertriebskooperation eingehen, ich halte dies aber in bestimmten Bereichen gut vorstellbar. Zum Beispiel ist BNP mittlerweile im Bereich Konsumentenfinanzierung sehr stark aufgestellt, gleiches gilt für die Bereiche Factoring, Leasing und Asset Management.
Das aber wohl wichtigste Argument für eine Übernahme des Staatsanteils an der Commerzbank durch BNP Paribas wäre die politische Unterstützung aus Berlin und Paris. Insbesondere Frankreichs Präsident Macron begrüßt laut Manager Magazin eine Annäherung beider Institute.
Variante 3: Die deutsche Lösung
Sollte sich der Bund entscheiden, die Commerzbank nicht teilweise in ausländische Hände fallen zu lassen, wäre schließlich eine Übernahme des Staatsanteils durch die Deutsche Bank möglich.
Tatsächlich stand diese Diskussion in den letzten Tagen vielleicht sogar noch im Raum, denn Aufsichtsratschef Paul Achleitner hat laut mancher Stimmen aufgrund des massiven Kursverfalls der Deutschen Bank gar eine Verschmelzung mit der Commerzbank ins Spiel gebracht.
Meine Einschätzung: Derzeit nicht mehrheitsfähig.
Die wichtigen institutionellen Großaktionäre der Deutschen Bank lehnen einen solchen Deal ab. Ein Übernahme von Anteilen oder gar ein Merger mit der Commerzbank wäre nach meinem Eindruck bestenfalls in einer absoluten Notfallsituation vorstellbar, also wenn beide Institute weiter unter Druck geraten. Dies wäre zum Beispiel vorstellbar, wenn SocGen und UniCredit tatsächlich fusionieren und damit die europäische Bankenlandschaft unter Druck gesetzt wird, sich weiter zu konsolidieren.
Fazit: Privatinvestoren brauchen Wachstum
Wenn die Commerzbank und damit ihre Investoren langfristigen Erfolg haben wollen, brauchen sie vor allem Wachstum und Synergien. BNP Paribas könnte aus meiner Sicht der optimale Kandidat sein, um die Frankfurter mit einer Minderheitsbeteiligung wieder auf Kurs zu bringen.
Auf Vertriebsseite ergänzen sich beide Institute in Deutschland meiner Ansicht nach auf jeden Fall gut. Und schließlich wäre auch die politische Unterstützung für einen solchen Deal relativ sicher, was gerade im europäischen Bankensektor eine nicht unerhebliche Rolle spielt.
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Björn König besitzt Aktien der Deutschen Bank. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.