Etsy-Aktie: Minus 13% und die nächste herbe Enttäuschung

Bei Etsy (WKN: A14P98) setzen wir auf einen eigentlich dynamischen Marktplatz für Self- und Handmade-Waren. Der jedoch seit dem Abebben der Coronapandemie mit Jahren der Wachstumsschwäche auffällt. Leider sehen wir, dass auch das dritte Quartal noch kaum Besserung bringt. Wir haben die Etsy-Aktie zuvor angezählt, wollen jetzt aber sehen, ob die Integration in ChatGPT ein neues Wachstumskapitel einläutet.
Sprechen wir über die Zahlen der Etsy-Aktie
Etsy musste erneut einen Rückgang des Warenvolumens (Gross Merchandise Volume) um 6,5 % auf 2,72 Mrd. US-Dollar hinnehmen. Der Umsatz wuchs hingegen leicht um 2,4 % auf 678 Mio. US-Dollar. Das liegt insbesondere daran, dass Etsy die sogenannte Take-Rate (also den Anteil, den man von den Händlern für den Verkauf als Provision nimmt) erhöht. Sowie auch daran, dass man mit Service- und Werbeumsätzen ein Wachstum von 12,7 % auf fast 210 Mio. US-Dollar erreicht hat.
Mittlerweile sehen wir auf der anderen Seite aber auch, dass der Marktplatz an Attraktivität verliert. Vor allem auch durch die gestiegene Take-Rate ist die Anzahl aktiver Händler um 0,2 % auf 8,501 Mio. leicht rückläufig gewesen. Die Tendenz ist seit Quartalen eher schwach. Das wiederum spüren auch die Kunden, da die Händler sich mit steigenden Preisen gegen die Gebühren von Etsy wehren. Deren Anzahl sank um 3,7 % auf 93,16 Mio. Es ist wichtig, dass Etsy jetzt diesen Trend wieder umkehrt. Das Angebot lebt von einzigartigen Produkten und einer wachsenden Anzahl von Waren.
Etsy-Aktie: Am Scheideweg
Mit einem Nettoergebnis in Höhe von 75,5 Mio. US-Dollar hat Etsy zwar ein Wachstum von 31,6 % im Jahresvergleich erzielt. Das liegt aber insbesondere daran, dass der Vorjahreswert um einen negativen Einmaleffekt in Höhe von 13 Mio. US-Dollar belastet gewesen ist. Ansonsten hat Etsy lediglich bei Verwaltungskosten durch Einsparungen ein wenig die Kosten drücken können. Für Marketing hat man mit 207 Mio. US-Dollar aber 11 Mio. US-Dollar mehr ausgegeben als im Vorjahresquartal. Auch die Kosten für die Produktentwicklung stiegen um 6 Mio. US-Dollar. Das heißt: Wir sehen, dass es eigentlich kaum ein Gewinnwachstum gegeben hat, abseits der Einmaleffekte.
Etsy befindet sich nun in einer gefährlichen Situation: Steigert man die Take-Rate weiter, kann man möglicherweise kurzfristig Gewinnwachstum erzielen, verschreckt aber langfristig die Verkäufer. Eine konstante oder fallende Take-Rate würde möglicherweise das Bruttowarenvolumen und somit das Umsatzwachstum steigern, aber Etsys Margen empfindlich treffen.
Wie sieht die Finanzlage von Etsy aus?
Rein bilanziell besitzt Etsy mit 1,4 Mrd. US-Dollar in Cash und kurzfristigen Investitionen noch einen ausreichenden Puffer. Aber viel Geld floss in den vergangenen Jahren auch in Aktienrückkäufe, womit ca. ein Viertel aller Aktien gekauft und eingezogen worden ist. Der Preis lag mit 79 US-Dollar je Etsy-Aktie im Durchschnitt über dem aktuellen Kursniveau. Die Investition war daher bislang nicht lukrativ.
Zudem führten die hohen Aktienrückkäufe auch dazu, dass Etsy die Bilanz derart verkürzte, dass man auf der Eigenkapitalseite ein Defizit von 1,1 Mrd. US-Dollar ausweist. Die reinen Finanzverbindlichkeiten liegen hingegen bei 2,8 Mrd. US-Dollar, abzüglich der Cashposition bei ca. 1,4 Mrd. US-Dollar. Diesen Betrag könnte Etsy in unter 6 Jahren bei einem operativen Cashflow von annualisiert 250 Mio. US-Dollar tilgen. Aber: Auch die bilanzielle Situation hat sich in den vergangenen Jahren nicht gerade verbessert.
Eine letzte Chance für den Turnaround
Wir geben Etsy noch eine Chance: Mit OpenAI und Produktverbesserungen sollte das Wachstum zurückkehren. Ansonsten bleiben wir skeptisch. Das Vorweihnachtsgeschäft wird unserer Ansicht nach einen guten Indikator liefern. Hier sollte sich idealerweise zeigen, dass so mancher über ChatGPT Ideen für kreative Weihnachtsgeschenke sucht und direkt über Etsy kauft. Wir halten dich auf dem Laufenden!
Etsy selbst sagt, dass man einen adressierbaren Gesamtmarkt in Billionenhöhe adressiert. Die Self- und Handmade-Sparte im E-Commerce ist daher gigantisch. Derzeit ist Etsy dabei, sein eigenes Angebot konsequent auszubauen. Hervorhebenswert ist das Plattformgeschäftsmodell, das beispielsweise in Coronazeiten durch individuelle Händler (und Produktionen) zu rasanten Maskenproduktionen führte. Auf Etsy können Trends entsprechend schnell bedient werden.
Das größte Risiko ist die Konkurrenz. Etsy ist im E-Commerce einem enormen Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Unter anderem Amazon hat ein eigenes Selfmade-Angebot. Pinterest ist ein sozialer Kreativmarktplatz, der ebenfalls seine Anknüpfungspunkte in den E-Commerce sucht. Das kann eine Bedrohung für die Growth-Story sein.
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