Finger-Weg-SPACs in 2021
Wenig Transparenz, bevorzugte Behandlung von Großanlegern, fette Gebühren für Wall Street, fragwürdige Geschäftsmodelle: Im aktuellen SPAC-Boom kommt fast alles zusammen, was wir bei The Motley Fool besonders wenig mögen. Unsere Analysten haben sich nach SPACs umgeschaut, von denen sie auf jeden Fall die Finger lassen würden.
(Anmerkung der Redaktion: Im SPAC-Markt ist viel Bewegung, die Zahlen und Daten sind Stand 21. April 2021.)
Ralf Anders: Forum Merger III Corp. (Electric Last Mile)
Electric Last Mile aus Michigan will das Geschäft mit nach Kundenwunsch ausgestatteten Kastenwagen und Kleintransportern revolutionieren. Elektrisch, digital und vernetzt natürlich. Das Konzept wirkt eigentlich recht schlau. Es wird eine in China bewährte kostengünstige Nutzfahrzeugplattform hergenommen, um dann lokale Aufbauhersteller direkt in den Fertigungsprozess zu integrieren, was ebenfalls Kosten sparen soll.
Aber auf mich wirkt das viel zu konstruiert. Mitten im Hype um die Elektromobilität wird ein „Weltklasse“-Team zusammengetrommelt und eine Idee aus dem Boden gestampft, mit denen man die SPAC-Millionen abkassieren kann. Als Hauptkonkurrent wird der kaum minder luftige SPAC-Rivale Canoo (WKN: A2QJX1) genannt – man scheint gern unter sich zu sein.
Ich hatte hier von Anfang an große Zweifel und der Markt scheint es mittlerweile ähnlich zu sehen, nachdem die zugehörige SPAC-Aktie Forum Merger III Corp. (WKN: A2QB4F) zuletzt unter die Marke von 10 US-Dollar abgerutscht ist.
Ralf Anders besitzt keine Aktien von Canoo oder Forum Merger III Corp.
Caio Reimertshofer: Altimeter Growth (Grab)
Grab, Südostasiens größter Fahr- und Essenslieferdienst, möchte über einen SPAC „durch die Hintertür“ an die Börse. Dabei soll auch die Bewertung des Uber-Rivalen alle bisher bekannten Größenordnungen für SPAC-Börsengänge sprengen. 40 Mrd. US-Dollar könnte Grab nach Abschluss seiner Fusion mit dem Börsenmantel Altimeter Growth (WKN: A2QDGC) auf die Waage bringen – eine Marktkapitalisierung, die bisher bei keinem SPAC so groß war.
Ist Grab deswegen kein gutes Unternehmen? Nicht unbedingt, aber dennoch würde ich in diesem Jahr noch die Finger von der zu debütierenden Aktie lassen. In meinen Augen häufen sich gegenwärtig die SPAC-Börsengänge, die ziemlich hoch bewertet werden. Dabei ist klar, dass vor allem die Dealmaker bei den Fusionen Kasse machen. Bei dem aktuellen Hype rund um SPACs könnte die Bewertung von Grab meiner Meinung nach sogar höher ausfallen als bisher angenommen. Gut möglich, dass der Kurs nach Börsengang explodiert.
Wie bei allen Hypes ist für Privatanleger Vorsicht angesagt. Lieber lässt man von Grab vorerst die Finger, bevor man sich aufgrund von zu viel Euphorie die Finger verbrennt. Zumindest ich werde das so handhaben.
Caio Reimertshofer besitzt keine Aktien von Altimeter Growth oder Uber.
Florian Hainzl: Churchill Capital IV (Lucid Motors)
Im zweiten Quartal 2021 soll der Churchill Capital IV (WKN: A2QAMY) mit Lucid Motors verschmolzen werden. Die Bewertung für das Start-Up liegt bei 24 Mrd. US-Dollar. Dafür bekommt man ein Unternehmen, das heute noch keine Umsätze erzielt und im zweiten Halbjahr mit der Produktion seines ersten Modells beginnen möchte. Wie das große Vorbild Tesla möchte Lucid Motors zunächst mit einem hochpreisigen Modell in den Markt einsteigen und dann zum Volumenanbieter wachsen.
Während Tesla allerdings den Vorteil des First-Movers hatte und die etablierten Hersteller auf dem falschen Fuß erwischt hat, trifft Lucid Motors auf eine alarmierte Konkurrenz. Da selbstfahrende Fahrzeuge in den nächsten Jahren auch noch Realität werden könnten, setze ich in diesem umkämpften Markt sicher nicht auf ein Unternehmen, das noch kein einziges Fahrzeug auf der Straße hat.
Florian Hainzl besitzt keine Aktien von Churchill Capital IV und Tesla.
Marlon Bonazzi: VectoIQ (Nikola)
Nikola (WKN: A2P4A9) ist ein amerikanischer Entwickler von Wasserstoff- und Batteriefahrzeugen. Nachdem das Unternehmen letztes Jahr mithilfe des SPACs VectoIQ an die Börse ging, war der Hype groß. Der großspurige Unternehmenslenker Trevor Milton machte riesige Versprechen, und die Börse ließ sich überzeugen und katapultierte die Marktkapitalisierung von Nikola kurzzeitig auf 34 Mrd. US-Dollar.
Seitdem ist die Luft raus. Das Unternehmen hat effektiv noch keine Umsätze, seine Entwicklungspipeline hat spätestens nach umfangreichen Anschuldigungen im Rahmen von Short-Berichten eine unklare Zukunft, Gründer und Unternehmensführer Trevor Milton hat hingeschmissen und auch eine Reihe an wichtigen Partnerunternehmen sind abgesprungen.
Dementsprechend hat die Aktie seit dem Höhepunkt des Hypes den größten Teil ihres Werts verloren. Das macht sie in meinen Augen aber noch nicht zum Schnäppchen. Das Unternehmen wird noch immer mit ein paar wenigen Milliarden US-Dollar bewertet, was mir angesichts einer in erster Linie theoretischen Produktpipeline in einem technisch sowie logistisch hoch anspruchsvollem Markt sowie den vielen Warnzeichen noch als zu hoch erscheint.
Marlon Bonazzi besitzt keine Aktien von Nikola.
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The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Tesla. The Motley Fool empfiehlt Uber Technologies.