Lauter Fehler und eine fantastische Rendite
Der geschlossene börsennotierte Investment Trust Scottish Mortgage hat Anlegern fantastische Renditen über die lange Frist beschert. Das traditionsreiche britische Investmentvehikel hat über die letzten zehn Jahre eine jährliche Rendite von über 20 % erreicht, und das obwohl die letzten Monate eine Korrektur bei Wachstumsaktien mit sich brachten, die zu herben Verlusten bei Scottish Mortgage führte.
Wer vor zwanzig Jahren eingestiegen ist, hat sein Kapital mehr als verzehnfacht und darüber hinaus auch noch satte Dividenden kassiert. Und wer sehr langfristig denkt: Auch seit seiner Gründung im Jahr 1909 hat Scottish Mortgage hervorragende Renditen erwirtschaftet (die sich allerdings nicht mehr so einfach messen lassen).
Erreicht wurden diese Ergebnisse mit einer disziplinierten, langfristigen Strategie, die sich auf Unternehmen mit einem starken Wachstum und großem zukünftigen Potential konzentriert. Man könnte nun schnell meinen, dass alle Aktien, die dort im Depot landen, absolute Traumrenditen bringen. Das ist aber keineswegs der Fall.
Scottish Mortgage hat sich einige Fehler geleistet, manche davon waren sogar ziemlich abenteuerlich. Blicken wir einmal auf ein paar Beispiele der letzten Jahre.
Man braucht geografisch nicht weit zu suchen. Die deutsche Start-up-Schmiede Rocket Internet war viele Jahre einer der Lieblinge von Scottish Mortgage. Letztendlich ist das Unternehmen mehr oder weniger von der Börse verschwunden, nachdem es Anleger enttäuscht hat.
Zu den am höchsten gewichteten Aktien im Portfolio zählte lange Zeit das chinesische Internetunternehmen Alibaba. Dort war Scottish Mortgage sogar schon vor dem Börsengang im Jahr 2014 investiert. In einem Interview von Anfang 2020 bezeichnete James Anderson, der damalige Co-Manager von Scottish Mortgage, Alibaba als „das wertvollste Asset der Welt“. Er war der Ansicht, dass die Chancen gut standen (er nannte eine 50 %-Wahrscheinlichkeit), dass Alibabas Marktkapitalisierung innerhalb von fünf Jahren auf 2 Billionen US-Dollar steigen würde. Diese Zeitspanne ist zwar noch nicht vorbei, aber seitdem hat sich die Aktie mehr als halbiert und kommt aktuell auf eine Marktkapitalisierung von circa 250 Mrd. US-Dollar.
Bleiben wir in China. Eine Zeit lang war der Suchmaschinenbetreiber Baidu die größte Position im Portfolio. Im Jahr 2017 hat James Anderson für die Zeitung The Telegraph Baidu ausgewählt als die Aktie, die man kaufen und für immer halten kann. Seitdem hat sich das Unternehmen schwach entwickelt, die Aktie grob halbiert und Scottish Mortgage alle seine Anteile veräußert.
Und noch ein Beispiel aus den USA: Scottish Mortgage war Investor in der Kreditplattform Lending Club. Man war angetan von dem Geschäftsmodell, bis ein Skandal ans Licht gebracht wurde. Es gab fragwürdige Prozesse bei der Kreditvergabe und der Gründer-CEO schien daran beteiligt gewesen zu sein. Scottish Mortgage trennte sich daraufhin von allen seinen Anteilen.
Man könnte nun noch viele weitere Fehlgriffe nennen, aber diese Beispiele dürften schon reichen, um im Pessimismus versinken zu wollen. Dabei sollte man genau das Gegenteil verspüren und ermutigt sein.
Scottish Mortgage hat trotz vieler Fehlgriffe eine absolut fantastische Rendite erwirtschaftet und verdient nicht Häme, sondern Bewunderung. An der Börse zählen in der Regel die Erfolge mehr als die Fehler.
Das ist allein schon der Mathematik geschuldet. Jede Aktie kann „nur“ auf null fallen, aber sich immens vervielfachen. Im gleichen Interview, in dem James Anderson Alibaba lobte, hat er auch davon gesprochen, dass sich Tesla – damals bereits eine wichtige Position im Scottish Mortgage-Portfolio – verzehnfachen könnte. Schon im Herbst des folgenden Jahres hat die Aktie genau diese Zielmarke erreicht.
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Offenlegung: Marlon Bonazzi besitzt Aktien von Rocket Internet und Tesla. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Baidu und Tesla.