Die Zinswende ist da! Jetzt noch schnell alle Aktien verkaufen?
Jetzt ist es so weit. Die Europäische Zentralbank (EZB) erhöht nach sechs Jahren wieder die Leitzinsen. Seit 2016 lag der Leitzins unverändert bei 0,0 %. Im Juli hebt die EZB den Leitzins auf 0,25 % an. EZB-Präsidentin Christine Lagarde bereitete die Märkte jetzt für den September auf einen noch größeren Zinsschritt von möglicherweise 50 Basispunkten vor.
Damit wird die Geldanlage auf dem Sparkonto oder der Kauf von Anleihen wieder etwas attraktiver. Lohnt es sich deswegen aber, alle Aktien zu verkaufen und auf eine günstigere Einstiegsgelegenheit zu warten?
Die Alternative ist keine Alternative
In meinen Augen kann die Antwort nur Nein lauten. Die Renditen der zehnjährigen deutschen Staatsanleihen haben die Zinswende längst vorweggenommen. Einige Jahre konnte sich der Staat zu einer negativen Rendite verschulden. Er verdiente also Geld, indem er sich Geld geliehen hatte. Vor allem institutionelle Anleger sind auf die Anlage aufgrund von Risikovorschriften angewiesen.
Inzwischen können sich Anleger wieder über eine Rendite von 1,35 % freuen. Damit liegt der als risikolos angenommene Zinssatz aber weiterhin deutlich unter der Inflationsrate, die im Mai bei 7,9 % über dem Vorjahr lag. Für Investoren stellt der Kauf der Staatsanleihe damit nach wie vor ein sicheres Verlustgeschäft dar. Nach Abzug der Inflation wird die Anlage nämlich nach wie vor negativ verzinst.
Währenddessen können Aktien an dieser Stelle ihre Stärken ausspielen. Gute Unternehmen sind nämlich in der Lage, ihre Umsätze und Gewinne an die gestiegenen Preise anzupassen. Voraussetzung dafür ist eine starke Marktstellung, eine geringe Abhängigkeit von konjunkturellen Zyklen und daraus folgend eine Preissetzungsmacht.
Hohe Qualität der Aktien entscheidet
Wenn die Zinssätze steigen, wird auch die Qualität der Bilanzen wieder wichtiger. In den letzten Jahren war die Höhe der Verschuldung eher zweitrangig, weil es praktisch keine Zinsen gab. Nun aber wirkt sich die höhere Verschuldung über steigende Zinsaufwendungen wieder auf die Rentabilität der Unternehmen aus. Firmen, die heute schon unabhängig von Banken und Ratingagenturen sind, werden sich ergebende Chancen wesentlich besser nutzen können.
Aktien von Firmen mit hohen Margen und niedrigem Kapitaleinsatz sollten in diesem Umfeld zu den besten Performern zählen. In den letzten Monaten haben die Marktteilnehmer allerdings kaum Rücksicht auf die Qualität der Unternehmen genommen. Gut gelaufen sind dagegen Value-Aktien, die häufig von externen Faktoren wie Rohstoffpreisen abhängig sind. Ähnlich wie bei den unrentablen Tech-Aktien während der Corona-Lockdowns erwarten die Aktionäre jetzt, dass dieser Boom auf unbestimmte Zeit anhält.
Das ist aber nicht realistisch. Sehr gute Unternehmen mit fairer Bewertung werden dagegen immer eine überdurchschnittliche Performance liefern. Hier bieten sich durch die Korrektur der letzten Monate wieder attraktive Möglichkeiten.
Der Bärenmarkt-Überlebensguide: Wie du mit einer Marktkorrektur umgehst!
Ein erneutes Aufflammen von Corona in China, Krieg innerhalb Europas und eine schwächelnde Industrie in Deutschland in Zeiten hoher Inflation und steigender Zinsen. Das sind ziemlich viele Risiken, die deinem Depot nicht guttun.
Hier sind vier Schritte, die man unserer Meinung nach immer vor Augen haben sollte, wenn der Aktienmarkt einen Rücksetzer erlebt.