Wachstumsaktien: Warum das KGV irrelevant ist

Ich höre oft, dass Kleinanleger das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) eines Unternehmens als Maß für die Bewertung eines Unternehmens zu Rate ziehen. Obwohl das KGV eine der populärsten Kennzahlen ist, ist es doch oft missverstanden – und wird oft falsch angewendet.
Das Kurs-Gewinn-Verhältnis an sich gibt nur sehr wenig Aufschluss. Umso mehr, wenn es darum geht, Wachstumswerte zu bewerten. Warum? Das KGV ist ein Maß für die historische Performance eines Unternehmens. Er misst den Aktienkurs des Unternehmens an seinem nachlaufenden 12-Monats-Ergebnis.
Obwohl es hilfreich ist, die historische Performance eines Unternehmens zu messen, interessiert mich als Wachstumsinvestor doch viel eher die zukünftige Performance.
Blick in die Vergangenheit
Fallbeispiel: Das kanadische Unternehmen goeasy (WKN:A140JD) wird derzeit mit dem 17,2-fachen des Gewinns gehandelt. Benjamin Graham, der Vater des Value Investing, war der Meinung, dass Unternehmen nicht über einem KGV von 15 gehandelt werden sollten. Dies ist nur eines seiner Kriterien, aber ein KGV von 15 gilt weithin als Maßstab für den Markt.
Mit Stand 3.8. wird der Index TSX mit dem 15,9-fachen des Gewinns gehandelt, und die Verbraucherfinanzbranche wird durchschnittlich mit dem 11,6-fachen des Gewinns gehandelt. Goeasys fünfjähriger historischer KGV-Durchschnitt liegt bei 13.
Wenn man nur das Kurs-Gewinn-Verhältnis berücksichtigt, kann man zu dem Schluss kommen, dass Goeasy überbewertet ist.
Aber nicht so schnell, bitte.
Das Forward P/E
Also: Wir sind in unserem Beispiel an goeasy wegen seines erwarteten Wachstumsprofils interessiert. Da goeasy neue Wachstumsmärkte erschlossen hat, haben die Analysten ihre Schätzungen nach oben korrigiert. In den nächsten Jahren wird für goeasy ein jährliches Ertragswachstum von ca. 50 % erwartet. Das Unternehmen erwartet einen Gewinn pro Aktie von 3,68 US-Dollar im Jahr 2018 und 4,86 US-Dollar im Jahr 2019, im Jahr 2017 waren es noch lediglich 2,42 US-Dollar
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Im Vergleich zu den Gewinnen des Jahres 2018 beträgt das Kurs-Gewinn-Verhältnis nur 11,5. Nehmen wir an, dass das Unternehmen am Ende des Geschäftsjahres 2018 die Schätzungen einhält und wieder beim alten Kurs-Gewinn-Verhältnis gehandelt wrid. Der daraus resultierende Aktienkurs liegt dann bei 47,84 US-Dollar – 13 % über dem heutigen Aktienkurs.
Klingt plötzlich gar nicht mehr so überbewertet, was?
KGV und Wachstum
Peter Lynch, wohl einer der größten Investmentfondsmanager aller Zeiten, glaubte auch an die Bewertung von Unternehmen auf Basis erwarteter Wachstumsraten. Seine Zielgröße war das P/E-to-Growth-Verhältnis (PEG). Er war der Meinung, dass ein Unternehmen zu einem guten Preis gehandelt wird, wenn sein KGV der erwarteten Wachstumsrate entspricht – mit anderen Worten, einem PEG von eins.
Ein PEG unter eins bedeutet, dass der Aktienkurs des Unternehmens nicht mit den erwarteten Erträgen Schritt hält und somit als unterbewertet gilt. Ein PEG über eins bedeutet, dass der Aktienkurs über den erwarteten Erträgen liegt. Somit ist die Aktie überbewertet.
Zurück zu Goeasy. Das Unternehmen handelt mit einem PEG von 0,35, was lächerlich billig ist. Der Markt stuft also die zukünftigen Erträge sehr niedrig ein.
Das KGV ist eine nützliche Kennzahl, wenn es nicht isoliert verwendet wird. Bei unsachgemäßer Verwendung kann man allerdings lohnende Investitionsmöglichkeiten verpassen, wie eben beispielsweise goeasy.
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The Motley Fool besitzt keine der angegebenen Aktien.
Dieser Artikel von Mat Litalien erschien am 3.8.2018 auf Fool.ca. Er wurde übersetzt, damit unsere deutschen Leser an der Diskussion teilnehmen können.