Die perfekte Value-Aktie? Meine Prognose zur Bayer-Aktie
Großer Name, ein scheinbar solides Geschäftsmodell und so günstig wie zu Zeiten der großen Finanzkrise: Die Bayer (WKN: BAY001)-Aktie sieht derzeit aus wie die perfekte Value-Aktie! Auch wenn ich verstehen kann, dass dem einen oder anderen Value-Investor bei diesen Eckdaten das Wasser im Mund zusammenläuft, so sollte man sich meiner Meinung nach sehr genau überlegen, ob man sich die Bayer-Aktie wirklich ins Depot legen will.
Denn in meinen Augen ist diese Aktie alles andere als eine perfekte Value-Aktie. Welche drei Kriterien in meinen Augen gegen Bayer sprechen und wie meine ganz persönliche Prognose für die Bayer-Aktie aussieht, erfährst du im folgenden Beitrag.
Die perfekte Value-Aktie Merkmal 1 – Kennzahlen
Hinter Value-Aktien stecken in aller Regel Unternehmen mit einer hohen Profitabilität und einer niedrigen Verschuldung. Sicher, es kann auch mal ein schlechtes Jahr geben – vielleicht auch mal zwei oder drei. Langfristig gesehen sollten diese beiden Kriterien jedoch auf eine echte Value-Aktie auf jeden Fall zutreffen.
Lass uns daher einmal einen Blick auf ein paar Profitabilitäts- und Bilanzkennzahlen der Bayer-Aktie werfen.
2015 | 2016 | 2017 | 2018 | 2019 | |
operative Marge | 13,5 % | 16,4 % | 16,9 % | 9,4 % | 9,6 % |
Eigenkapitalquote | 34,4 % | 38,8 % | 49,1 % | 36,4 % | 37,6 % |
Zinsdeckungsgrad | 6,2 | 5,9 | 4,5 | 2,2 | 3,2 |
Quelle: Bayer Investor Relations
Abgesehen von der negativen Entwicklung ist die operative Marge noch der erfreulichste Wert von den drei aufgeführten. Die operative Marge gibt an, wie viel Prozent vom Umsatz als Gewinn hängen bleibt. Logisch – je mehr, desto besser. Hohe Margen stehen für attraktive Produkte, Preissetzungsmacht und eine gesunde Kostenstruktur.
Ich persönlich halte Margen von 10 % oder mehr bei gestandenen Unternehmen für attraktiv, da ist die Bayer-Aktie gar nicht so weit davon entfernt. Der Blick auf die Bilanz hingegen lässt mich durchaus nachdenklich werden …
Über eine hohe Eigenkapitalquote hat Bayer in den letzten Jahren nicht wirklich verfügt, auch vor der Monsanto-Übernahme war sie eher durchschnittlich. Diese Kennzahl alleine würde mich noch nicht beunruhigen, in Kombination mit dem niedrigen Zinsdeckungsgrad allerdings schätze ich die Lage durchaus bedenklich ein.
Der Zinsdeckungsgrad von gut drei bedeutet nichts anderes, als dass gut ein Drittel des operativen Gewinns für Zinszahlungen draufgeht. Ein hoher Wert, denn letztendlich ist dieses Geld verbannter Cash. Er kann nicht investiert und auch nicht an uns Aktionäre ausgeschüttet werden.
Die dauerhaft hohe Verschuldung des Bayer-Konzerns zeigt mir, dass es sich bei dieser Aktie sicherlich nicht um die perfekte Value-Aktie handelt. Denn die würde definitiv eine niedrigere Verschuldung aufweisen.
Die perfekte Value-Aktie Merkmal 2 – Wettbewerbsvorteile
Sicher, die starke Marke und die bekannten Produkte könnte man durchaus als Wettbewerbsvorteile bezeichnen. Aber sind sie das wirklich? Auch Nokia war einst eine starke, bekannte Marke und ist dann in der Bedeutungslosigkeit verschwunden. Anders rum kannte vor ein paar Jahren kaum jemand Tesla, heute steht die Marke für die Mobilität der Zukunft.
Ich persönliche sehe in Marken daher eher einen vergänglichen Wettbewerbsvorteil. Tiefgreifende Wettbewerbsvorteile wären in meinen Augen extrem loyale Kunden wie das zum Beispiel bei Apple der Fall ist. Oder einem Monopol in einem gewissen Markt, wie das beispielsweise bei Alphabets Suchmaschine Google der Fall ist.
Oder einer klaren Kostenführerschaft, die nicht so einfach überwunden werden kann. Hier denke ich beispielsweise an Fielmann oder Ryanair. In meinen Augen verfügt Bayer über keinerlei solcher Wettbewerbsvorteile. Sicher, ich gebe zu: Ich bin kein Fachmann in dem, was Bayer tut. Aber das dürften die meisten Privatanleger ebenfalls nicht sein.
Entsprechend kann die Bayer-Aktie für mich nicht die perfekte Value-Aktie sein: Wenn ich keinen klaren Wettbewerbsvorteil erkenne, dann ist er für mich nicht vorhanden. Und ein Wettbewerbsvorteil gehört zur perfekten Value-Aktie wie das Amen in der Kirche.
Die perfekte Value-Aktie Merkmal 3 – Bewertung
Basierend auf dem 2019er Gewinn je Aktie weist die Bayer-Aktie mit einem KGV von ungefähr zehn tatsächlich eine relativ günstige Bewertung auf (Stand: 03.11.2020). Das gilt allerdings nur so lange, wie Bayer sein Monsanto-Problem in den Griff bekommt …
So musste man in den ersten neun Monaten des Jahres 2020 einen Verlust von knapp 11 Milliarden Euro (!!!) ausweisen – unter anderem aufgrund von Rückstellungen im Zuge Zehntausender Glyphosat-Klagen in den USA. Ob diese Rückstellungen tatsächlich benötigt werden? Ob das ganze Thema Glyphosat zugunsten von Bayer ausgehen wird?
Ich denke, diese beiden Fragen sind für Privatinvestoren kaum beantwortbar. Doch nur wenn dieser Fall im Sinne von Bayer endet, ist die Bayer-Aktie heute wirklich günstig. Wenn nicht, dann könnte sie auch auf dem aktuellen Niveau noch zu teuer sein – und wäre damit alles andere als die perfekte Value-Aktie.
Was ich über diese Aktie denke
Letztendlich sprechen aktuell nur zwei Dinge für die Bayer-Aktie: Die Hoffnung auf einen guten Ausgang im Fall Glyphosat und die in diesem Szenario günstige Bewertung. Ich persönlich denke, dass man zum Hoffen und Glauben in die Kirche gehen sollte, nicht an die Börse. Für mich ist die Bayer-Aktie eine reine Spekulation auf ein gutes Ende im Fall Monsanto.
Entsprechend ist Bayer aktuell für mich alles andere als eine Value-Aktie. Erst recht ist sie nicht die perfekte Value-Aktie.
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Thomas Brantl besitzt Aktien von Alphabet (C-Aktie), Apple, Fielmann und Ryanair. Suzanne Frey arbeitet als Führungskraft bei Alphabet und sitzt im Board of Directors von The Motley Fool. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Alphabet (A-Aktien), Alphabet (C-Aktien) und Apple.